Was viele nicht wissen: Die Christuskirche der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Neuenmarkt ist die einzige Eisenbahnerkirche Europas! Der Bau des Gotteshauses war ein Geschenk an die Eisenbahnergemeinde Neuenmarkt, in der früher bis zu 500 Menschen als Lokführer, Rangierer, Schaffner oder Gleisarbeiter bei der Reichsbahn arbeiteten. Die Architekten der Reichsbahndirektion Nürnberg erstellten die Pläne. Entsprechend unkonventionell ist die Kirche auch erbaut worden. Der helle Innenraum wird durch dezente Art-Déco-Elemente geschmückt. Im Altarraum blicken die Holzstatuen der Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes auf den gekreuzigten Jesus über dem Altar. Weitere Schnitzwerke mit Szenen aus dem Leben Jesu sowie die Statue des „Guten Hirten“ kamen hinzu.
Mit dem Aufkommen der Eisenbahn wuchs der zuvor un- bedeutende Ort Neuenmarkt am Fuße der „Schiefen Ebene“ ab Mitte des 19. Jahrhunderts zu einer beträchtlichen Gemeinde heran. Der Wunsch nach einer eigenen Kirche am Ort wurde im Laufe der Jahre immer größer. Dem hierfür gegründeten Kirchbau-Verein gelang es, bis 1914 ein Guthaben von 100 000 Goldmark zu sammeln. Der Ausbruch des 1. Weltkrieges verhinderte jedoch den Kirchenbau. Durch die anschließende Inflation verlor die Gemeinde das gesamte Kapital bis auf 70 Pfennige.
Unermüdlich warb der Hilfsgeistliche Otto Rupprecht in den Folgejahren weit über die Region hinaus in der ganzen Bayerischen Landeskirche um Gelder. Unzählige Spenden zu 20 Pfennig für je fünf Backsteine, die Hilfe der Reichsbahn und der aufopferungsvolle Einsatz der ansässigen Bürger ließen das Projekt doch noch Realität werden. Nach nur einjähriger Bauzeit wurde die Kirche im Jahre 1926 vollendet und geweiht. Manches im Inneren der Kirche mag den Besucher an den Wartesaal eines Bahnhofes erinnern, aber das ist ja auch der eigentliche Sinn einer Kirche: Wartesaal für den Zug des Glaubens, der in Gottes Ewigkeit fährt. Seit 1926 wird deshalb am ersten Juni-Sonntag traditionsgemäß die Kirchweihe gefeiert. Im Laufe der Jahre wurden die (weltlichen) Feierlichkeiten sogar auf die Tage vor dem ersten Juni- Sonntag und dem Montag danach ausgedehnt. Im Mittelpunkt einer jeden Kirchweih steht das jährliche Gedächtnisfest der Kirchenweihe. Der Kirchweihgottesdienst beginnt am Sonntag um 9.30 Uhr und wird von Pfarrer Stefan Schleicher gehalten. Über die Einweihung der protestantischen Kirche in Neuenmarkt ist in der Chronik zu lesen, dass das Fest der Kirchenweihe am 6. Juni 1926 – „vom schönsten Wetter begünstigt“ – einen herrlichen Verlauf nahm. Nach dem Gottesdienst setzte sich um 14 Uhr der Festzug nach der Kirche in Bewegung. Eine tausendköpfige Menschenmenge erwartete den Festzug vor dem neuen Gotteshaus. In kurzer Zeit war die Kirche mit nahezu 600 Andächtigen dicht gefüllt, heißt es in der Chronik weiter. Eine Zahl, die heute kaum noch erreicht werden kann. Werner Reißaus