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Bewahrung althergebrachter Handwerkstechnik

Das Reinheitsgebot ist das älteste noch heute gültige Lebensmittelgesetz der Welt

Bewahrung althergebrachter Handwerkstechnik

FOTO: PRINTEMPS - STOCK.ADOBE.COM

22.04.2025

23. April: Tag des Bieres

Welcher Feiertag ist am 23. April? Richtig: Gar keiner. Der 23. April ist – neben dem „Tag des Buches“ – wahlweise der „Tag des Bayerischen Bieres“ (laut Bayerischem Brauerbund) oder der „Tag des Deutschen Bieres“ (Deutscher Brauer-Bund) und weder ein Feiertag, noch ein Gedenktag, sondern ein sogenannter Aktionstag.

Mit dem „Tag des Bieres“ erinnern die heimischen Brauer jedes Jahr an das Bayerische Reinheitsgebot, das am 23. April 1516 in Ingolstadt erlassen wurde. Seit über 500 Jahren garantiert die ausschließliche Verwendung von Wasser, Malz, Hopfen und Hefe die Qualität der Bayerischen Biere. Das Bekenntnis zum Bayerischen Reinheitsgebot trägt bis heute zum weltweiten Ruf der bayerischen Braukunst bei – erkennbar am blau-gelben Siegel der „geschützten geografischen Angabe“ (g.g.A.), das mittlerweile auf vielen Bierflaschen zu finden ist.

Ein „junger“ Begriff

Auch wenn die Beschränkung auf vier Grundzutaten schon seit über 500 Jahren Tradition ist, ist der Begriff „Reinheitsgebot“ eine Kreation des frühen 20. Jahrhunderts. Er wurde erstmals am 4. März 1918 erwähnt, als der bayerische Landtagsabgeordnete Hans Rauch verkündete, dass am Reinheitsgebot festgehalten wird, weil der Tradition treu geblieben wird.

Bedeutung der Rohstoffe

Nur vier Rohstoffe sind technologisch notwendig und nach dem deutschen Reinheitsgebot erlaubt, um ein Bier in einer deutschen Braustätte (Ausnahmen Heim- und Versuchsbrauereien) zu brauen: Wasser, Malz, Hopfen und Hefe. Die Brauereien in Deutschland verpflichten sich mit jedem neuen Sud dem Reinheitsgebot von 1516. Diese Version stellt den Ursprung des ältesten Lebensmittelgesetzes der Welt dar, das in leicht ergänzter Fassung nach wie vor in Deutschland praktiziert wird. „Gebraut nach dem deutschen Reinheitsgebot“ ist weltweit der Garant für erfahrene Braukunst und ausgezeichnete Bierspezialitäten. 

Die Entstehungsgeschichte

Warum wurde 1516 überhaupt ein Gesetz verabschiedet, das deutschen Brauern vorschreibt, welche Rohstoffe genutzt werden dürfen und welche nicht? Dazu muss man einen Blick auf die Zeit um 1500 werfen. Damals wurde in den Bieren alles Mögliche und Geschmacksgebende mitverbraut. Da sind schon mal Fliegenpilze, Bilsenkraut, Stechapfel oder Ochsengalle in den Sudkessel gewandert – nicht immer mit positivem Ausgang für die Gäste, die sich in den Schänken das Bier zu Gemüte geführt haben. 

Noch keine Kühlmöglichkeiten

Zu dieser Zeit waren noch keine Kühlmöglichkeiten bekannt, und der Hopfen als Rohstoff für Bier hatte sich noch nicht flächendeckend durchgesetzt. Hopfen sorgt genauso wie eine sorgfältige kühle Lagerung für eine längere Haltbarkeit des Bieres. Die Brauer im Mittelalter versuchten daher, ihr im Winter gebrautes Bier so lange wie möglich über den Sommer zu retten, bevor es ungenießbar wurde. Verschiedene Kräuter sollten den sauren Geschmack übertünchen und länger für Umsatz in den Schänken sorgen.

Dieses Vorgehen der Brauerzunft stieß beiden bayerischen Herzögen im wahrsten Sinne des Wortes sauer auf. Hinzu kamen Unruhen, Bauernaufstände und Krieg, deren Folgen zusammen mit der schlechten Ernte von Weizen und Roggen zur Hungersnot führten. Um zu verhindern, dass die ganze Weizenernte im Braubottich landet und das Volk kein Brot zum Essen hat, haben die bayerischen Herzöge Wilhelm IV. und Ludwig X. am 23. April 1516 in Ingolstadt das Reinheitsgebot erlassen; erlaubt waren fortan nur Gerste (noch nicht explizit Malz; es durfte auch noch mit unvermälzter Gerste, also Rohfrucht, gebraut werden), Wasser und Hopfen.

Als sich die Braukunst weiterentwickelte und professioneller wurde, wofür maßgeblich Brauer in deutschen Klöstern verantwortlich waren, und die Hefe Anfang 1900 entdeckt wurde, wurde das Reinheitsgebot erweitert. Wilde Hefe war schon immer im Bier vorhanden, da ohne sie kein Alkohol entstehen würde. Daher entwickelte sich Bier traditionell besonders gut in der Nähe von Bäckereien. Allerdings war lange Zeit unbekannt, weshalb Alkohol gebildet wird – dies wurde erst mit der Entdeckung der Hefe verstanden. Auch Weizen fand wieder den Weg zurück in den Sudkessel und wird bis heute zusammen mit Gerstenmalz bei Weizenbieren eingesetzt.

Konsumenten können sicher sein, dass in Bieren, die das Label „gebraut nach dem deutschen Reinheitsgebot“ tragen, nur Wasser, Malz, Hopfen und Hefe verbraut werden. Das gilt für in Deutschland gebraute Biere, aber auch für Biere aus anderen Ländern, die das Qualitätsversprechen freiwillig nutzen wollen. Jürgen Scheibe

Was uns erspart bleibt

Ein Unterschied bei der Anwendung des Reinheitsgebotes zum Ausland besteht darin, dass in Deutschland keine Zusatzstoffe zugelassen sind. Es gibt außer Kohlensäure und Stickstoff als Treibgas keine weiteren Zusatzstoffe im deutschen Bier. Das europäische Zusatzstoffrecht sieht das in seiner Verordnung (EU) Nr. 1129/2011 etwas anders und gestattet folgende Zusatzstoffe (E): E 150 a – d Zuckerkulör, E 210 – E 213 Benzoesäure, E 200 – E 203 Sorbinsäure, E 220 – E 228 Schwefeldioxid, E 270 Milchsäure, E 300 Ascorbinsäure, E 301 Natriumascorbat, E 330 Citronensäure, E 405 Prophylenglycolalginat, E 414 Gummi arabicum, E 950 Acesulfam K, E 951 Aspartam, E 954 Saccharin und seine Na-, K- und Ca-Salze, E 955 Sucralose, E 959 Neohesperidin DC, E 961 Neotam, E 962 Aspartam-Acesulfamsalz. red