Das FotoDas einzige Foto auf der ersten Titelseite des Fränkischen Tags war das Porträt von Harry L. Woodall. Zum Jahreswechsel 1945/46 hatte der US-Amerikaner das Amt des Militärgouverneurs in Bamberg übernommen. Damit war Woodall der starke Mann in Bamberg. Sogar Oberbürgermeister und Landrat waren ihm gegenüber rechenschaftspflichtig.Militärgouverneure kontrollierten die öffentliche Verwaltung. Sie waren außerdem darauf bedacht, die Entnazifizierung entschieden voranzubringen. Woodalls Foto auf der Titelseite war vor diesem Hintergrund nicht nur eine Respekterweisung gegenüber der amerikanischen Militärregierung. Es besaß darüber hinaus einen hohen Informationswert für die Bamberger Bevölkerung. Woodall war Jahrgang 1910, kam aus Texaner und hatte ein faible für Hunde. Im Zivilberuf arbeitete er als Ingenieur in der Erdölbranche.Auch nach seiner Zeit als Militärgouverneur blieb Woodall der Stadt Bamberg verbunden. Zu seinem Tod im Jahr 2004 würdigte der Fränkische Tag Woodalls Leben deshalb auch mit einem Nachruf.
Das Layout
In seinen ersten Jahren erschien der Fränkische Tag nicht an jedem Wochentag. Allein aufgrund begrenzter Ressourcen wie beispielsweise Papier wäre 1946 eine tägliche Erscheinungsweise gar nicht möglich gewesen. Dieses Schicksal teilten mit dem Fränkischen Tag auch andere Publikationen wie zum Beispiel die „Süddeutsche Zeitung“. Auch sie erschien anfangs lediglich zwei Mal in der Woche, mit einmal vier und einmal sechs Seiten.
Zehn Zeitungsseiten in der Woche sind nach heutigem Maßstab ausgesprochen wenig. Man sieht es der ersten Titelseite des Fränkischen Tags an, dass die Redakteure unter dem Vorzeichen des Mangels schreiben mussten. Auf einen Zeitungsleser von heute muss die erste Titelseite geradezu vollgestopft wirken. An erster Stelle stand hier die Absicht, möglichst viele Informationen und Artikel auf die Seite zu bekommen. Ansprüche an Optik und Gestaltung mussten zurückstecken.
Mit Anzeigen im Übrigen mussten die Redakteure in den Anfangsjahren des Fränkischen Tags in eher geringem Ausmaß um Platz konkurrieren. Werbeanzeigen waren von der Militärregierung ausdrücklich untersagt. Lediglich Todes-, Such- und Tauschanzeigen waren erlaubt.
Die Lizenz
Bis zur Generallizenz von 1949, dem Geburtsjahr der Bundesrepublik-Deutschland, durften Zeitungen in Bayern lediglich mit einer Lizenz der amerikanischen Militärregierung erscheinen. Die Lizenz wurde nicht der jeweiligen Zeitung gewährt, sondern den Lizenznehmern. Im Fall des Fränkischen Tags waren dies August Hans Brey, Walter Meiß und Georg Wirth. Die Lizenz Nummer 1 in Bayern ging an die „Süddeutsche Zeitung“, die „Nürnberger Nachrichten“ bekamen die Nummer 3.
Bevor es in den Druck ging, mussten die Artikel der amerikanischen Militärregierung aber nicht vorgelegt werden. Grundsätzlich hatte die Militärregierung Lizenzen für Tageszeitungen ohnehin nur politisch Unbelasteten gewährt. Lizenznehmer durften weder der NSDAP angehört noch in einer leitenden Funktion in einer gleichgeschalteten Zeitung gearbeitet haben. Zudem legten die Amerikaner mit Blick auf die Re-Education großen Wert auf eine freie Presse. Allzu deutliche Kritik an der Militärregierung hätten sich die Lizenznehmer trotzdem ebenso wenig erlauben können wie eine Relativierung der NS-Verbrechen oder eine Verherrlichung der Sowjetunion. Denn der Kalte Krieg zeichnete sich am Horizont bereits ab. Auch von August Hans Brey ist bekannt, dass er sich vor den Amerikanern für im Fränkischen Tag erschienene Artikel hat rechtfertigen müssen. Im schlimmsten Fall hätte der Entzug von Papier oder gar der Lizenz gedroht. Zu derart drakonischen Maßnahmen sah sich die Militärregierung gegen den FT allerdings nicht gezwungen.
Der Holzschnitt
Es ist bemerkenswert, dass trotz knapper Papierressourcen ein derart großes Bild auf der ersten Titelseite prangt. Was ist auf dem Holzschnitt zu sehen? Ein Mann, der Gewehr und Stahlhelm von sich wirft. Auf symbolischer Ebene lässt er damit Krieg und nationalsozialistische Vergangenheit hinter sich. Durch die Ruinen schreitet er auf die Stadt Bamberg zu. Der Dom steht als Symbol für Tradition und alte Werte sowie das Christentum. Rechts im Bild steht ein rauchender Fabrikschlot für die Wirtschaft. Der Mann hat die Hand am Pflug, was die Bedeutung der Landwirtschaft in Szene setzt. Über dem Mann erstrahlt eine gleißende Sonne. Sie steht für das Jahr 1946 und damit für den Aufzug eines neuen, demokratischen Zeitalters. Das Bild hat programmatischen Charakter. Es verlängert August Hans Breys Leitartikel „Für Freiheit und Recht“ ins Optische. Der Mann auf dem Foto steht stellvertretend für „Frankens Volk“, das Brey mithilfe des Fränkischen Tags „aus der dunklen Nacht nazistischer Irrlehren in den hellen Tag einer neuen Zeit“ führen möchte.
Das Wetter
Schon auf der ersten Titelseite des Fränkischen Tags befand sich unten rechts eine Box mit dem Wetter des dar auf folgenden Tages. Noch 75 Jahre später befindet sich diese Box an derselben Stelle. Wie das Wetter am nächsten Tag wird, hat die Menschen bereits damals interessiert; wahrscheinlich sogar brennender als heute. Denn zu dieser Zeit waren die Heizmittel knapp. Auch warme Kleidung war keine Selbstverständlichkeit. Warm über einen kalten Wintertag zu kommen, war im Januar 1946 für viele Bamberger eine große Herausforderung.
Damals war das Wetter nicht nur eine nette Nebensächlichkeit, über die man sich in seinem wohltemperierten Zuhause aufregen konnte. Das Wetter konnte tatsächlich die eigene Existenz berühren. Die Wettervorhersage fand deshalb aus gutem Grund Platz auf der ersten Seite. Viele Leser werden damals die Wetterbox als Erstes gelesen haben – weil es ihr Leben ganz konkret betraf.
Der Preis
Bis zur Wärungsreform im Jahr 1948 wurde in Deutschland noch mit der Reichsmark bezahlt. Bei dieser handelte es sich aber de facto um eine Scheinwährung in dem Sinne, als es seinerzeit ein doppeltes Wirtschaftssystem gab. Für die wichtigsten Alltagsgüter wie Lebensmittel benötigten die Menschen im Zuge der Zwangsbewirtschaftung Bezugsscheine.
Diese berechtigten bei Nahrungsmitteln zum Erwerb von umgerechnet 1200 Kalorien. Alles, was darüber hinausging und nicht gegen Bezugsscheine erlangt werden konnte, kostete Unsummen an Reichsmark. Oder das ersehnte Gut musste mit einer Schattenwährung bezahlt werden, in erster Linie mit Zigaretten. Grob gesprochen kostete der Fränkische Tag in seinem ersten Erscheinungsjahr mit 20 Pfennig den Gegenwert von nicht ganz zwei legal bezogenen Eiern. Zum Vergleich: Eine auf dem Schwarzmarkt gekaufte Zigarette konnte bis zu sieben Reichsmark kosten.