Fit bis zum Schluss und dann ohne Leidensmarathon raus aus dem Leben: Das ist die Idealvorstellung. Weil aber die komfortablen Gedanken oft wenig mit der ungemütlichen Wirklichkeit zu tun haben, hilft für den schlechteren Fall ein Plan B. Beziehungsweise Plan P wie Pflege, wenn ein autarker Alltag wegen gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr gestemmt werden kann. Zuhause bleiben oder Einrichtung nutzen? Ambulant oder stationär pflegen lassen? Keine einfache Wahl. Aber: Es gibt Check- und Knackpunkte, die eine Entscheidung leichter machen. Und: Plan B heißt zwar weg vom Lieblingstraum, aber hin zur besten Lösung mit den individuell wenigsten Nachteilen.
Sachlich oder emotional
Daheim oder Heim? Nirgendwo sind sachliche Voraussetzungen und emotionaler Bedarf so untrennbar miteinander verwoben wie bei der Pflegefrage. Deswegen raten Experten, den prinzipiellen und individuellen Gefühlen, Ängsten und Neigungen genauso viel Raum zu geben wie sachlichen Argumenten rund um Pflegeaufwand und medizinische Anforderung. Ob trotz oder wegen aktueller Bedingungen, Voraussetzungen oder Umstände: Betroffene nach ihren Vorstellungen fragen und je nach Realisierungsmöglichkeit umsetzen oder Kompromisse aushandeln kann die beste Devise sein. Gemeinsamer Nenner für Betroffene und Beteiligte: Der Plan P sollte gleichermaßen rational und emotional aushaltbar sein.
Vertraute Umgebung oder neue Gemeinschaft
Was weiß ich? Diese Frage darf im Wortsinn gestellt werden. Oder auch: Was müssen Angehörige wissen, wenn es der Betroffene selbst nicht mehr weiß? Soll die schwierige Etappe in vertrauter Umgebung, im gewohnten Lebensraum und im familiären Umfeld verbracht werden? Oder fühlt sich ein Umzug und Neuanfang in neuer Gemeinschaft und professionell ausgestatteter Institution besser an? Gerade wenn körperliche oder auch geistige Selbstbestimmtheit schwindet, ist die Akzeptanz von individuellem Wohl- und Wohngefühl wichtig. Welche Leistungen bekommt den Betroffenen wo am besten - und was ist wo realistisch machbar?
Kompetenz versus Kompetenz?
Qualität hängt nicht vom Format ab. Egal welches Krankheitsbild, welcher Verlauf und welcher medizinische und fürsorgerische Bedarf - es gibt für beide Pflege-Varianten entsprechende Angebote, Konzepte und Arbeitskräfte. In Einrichtungen, durch Dienste oder über Agenturen. Von öffentlichen, kirchlichen oder privaten Anbietern. Und diese sind im besten Fall staatlich anerkannt, qualifiziert und zertifiziert und auf unterschiedlichste Bedürfnisse zugeschnitten.
Eine Einrichtung bringt Equipment und Dienstleistung auf einen lokalen Nenner. In einem Heim lassen sich Behandlungspflege, medizinische Überwachung, Körperpflege, Ernährung als auch Freizeitangebote als Paket der kurzen Wege nutzen. Bei ambulanter Pflege kann und muss jede Leistung je nach Bedarf nach Hause geholt - also eigeninitiativ installiert und engagiert - werden. Aber auch Rund-um-die-Uhr funktioniert zuhause: 24-Stunden-Betreuung ist immer vielfältiger mach- und buchbar. Die Variante, bei der eine unterstützende Kraft zuhause einzieht, leistet im besten Fall Haushalt, Hygiene, Mobilität, Ernährung und auch leichte Pflege in einem.
Kostenfaktor oder Mehrwert
Was kostet mehr? Oder was kostet was? Die Sache mit dem Geld ist ein Finanz-Dschungel. Fakt ist: Die Kosten von häuslicher, stationärer oder kombinierter Pflege sind von der verbleibenden Selbstständigkeit des Betroffen abhängig. Ambulante Varianten lassen sich in Leistungspaketen buchen und die Kosten variieren stark. Im Netz finden sich von diversen Anbietern Pflegekosten-Rechner, die je nach Bedarf, Bundesland und Leistungen aufschlüsseln.
Ein Platz im Pflegeheim mit Vollversorgung kostet brutto mehr, weil generell Wohnraum mitgebucht wird - aber dafür ist der Anteil der Pflegekasse prinzipiell höher. Eine 24-Stunden-Pflege daheim wiederum - nach dem Entsendemodell einer Agentur, als direktes Arbeitgeber-Arbeitnehmermodell oder mit Selbstständigen aus dem In- und Ausland - kostet zwar brutto weniger, muss aber teilweise komplett als Privatleistung finanziert werden. Hier unbedingt checken, ob im individuellen Fall Pflegegeld oder Verhinderungspflege abgezogen werden kann. -
Ansonsten gilt: Qualität hat durchaus etwas mit Kosten zu tun. Für mehr Geld kann stationär als auch ambulant Mehrwert gebucht werden, der über Basisleistungen hinaus geht.
Entweder und oder
Stationär versus ambulant: Welches Argument wofür und wie stark punktet, ist immer situativ und individuell zu entscheiden. Und: Es sind Zwischenlösungen möglich. Angehörige können ambulante mit stationären Leistungen mixen. Nachts zuhause, tagsüber unter der Woche in einer Tagespflege, ambulant pflegen und dazu zwischenzeitlich Kurzzeitpflege - das sind Beispiele von vielfältigen Optionen, die es Pflegenden und Pflegebedürftigen einfacher machen, Kompromisse einzugehen. Zur Orientierung unbedingt eine kirchliche, staatliche oder kommunale Beratungsstelle befragen. Auch Krankenkassen helfen beim Entwirren und Ordnen. Annette Gropp
Pflege im Überblick
Zuhause:
• Angehörigenpflege: Komplette Versorgung und Betreuung von der Familie und daheim.
• Ambulante Betreuungsdienste: Haushalts-/Alltagshilfe kommt stundenweise ins Haus.
• Ambulanter Pflegedienst: Pflegefachkraft kommt stundenweise ins Haus.
• 24-Stunden-Pflege: Eine Pflege- und Haushaltskraft zieht ein.
• Ambulante Palliativpflege: Betreuung und Pflege sterbenskranker Menschen zuhause.
Stationär:
• Einzug in eine Einrichtung: Wohnen plus Versorgung plus Pflege im Pflegeheim.
• Palliativpflege: Zum Beispiel im Hospiz.
Zuhause plus stationär:
• Stationäre Verhinderungspflege/Kurzzeitpflege: Wochenweise Entlastung für pflegende Angehörige.
• Stationäre Tages- oder Nachtpflege: Im Mix mit ambulanter Versorgung.
• Betreutes Wohnen: Umzug in betreute Wohnung mit Zugriff auf Leistungen der Einrichtung.