Anzeige

Wald im Wandel Wie sieht der Wald der Zukunft aus?

Unsere heimische Waldwirtschaft steht vor großen Herausforderungen. Die durch Dürre, Schädlinge, Stürme und Kalamitäten geschädigten Wälder fordern ein Umdenken der Forstwirte, aber auch jedes Einzelnen. Den Wald, wie wir ihn noch aus den vergangenen Jahrzehnten kennen, wird es nicht mehr lange geben. Doch wie sieht der Wald der Zukunft aus? Und wie ebnen wir den Weg für diesen?

Wald im Wandel Wie sieht der Wald der Zukunft aus?

Wo einst dichte Fichtenwälder standen, zeigen sich vielerorts nun kahle Berghänge. Nach dem Waldgesetz soll sich der Wald natürlich verjüngen. Durch entsprechendes waldbauliches Vorgehen kann man die nächste Waldgeneration bereits unter dem schützenden Altholzschirm nachziehen. Diese gemischten Verjüngungen sind die Vorsorge für den Fall, dass die Altbestände infolge des Klimawandels ausfallen. Es entstehen dann keine Kahlflächen, die man nur mit enormem Aufwand wieder in Kultur bringen muss. Foto: sonjanovak/stock.adobe.com

29.03.2022

Die wasserbedürftige Fichte, welche jahrelang als „Brotbaum der Forstwirtschaft“ galt, hat nach mehreren Jahren mit Wetterextremen ihrem Hauptfeind, dem Borkenkäfer, nichts mehr entgegenzusetzen. Hohe Fichtenanteile in Hanglagen und steinigen, flachgründigen Böden ohne ausreichende Wasserspeicherung führten zu riesigen Schadholzmengen und somit zu großen Kahlflächen. Vor allem im Frankenwald und im Jura-Bereich sind die Schäden massiv. Aber auch die Mischwälder Bruderwald und Michelsberger Wald im Forstrevier Bamberg hatten in den vergangenen Trockenjahren zahlreiche Ausfälle zu beklagen. Besonders betroffen waren hier Kiefern, Fichten, Lärchen und Buchen.          

Lösungskonzepte für Oberfrankens Wälder

Berthold Schultheiß, Revierleiter im Revier Bamberg der Bayerischen Staatsforsten, kennt den Michelsberger Wald und Bruderwald wie seine Westentasche. Er erlebt den Wandel des Waldes Tag für Tag und beschäftigt sich mit Konzepten für die Zukunft. „Wir versuchen im Schutz der Altbäume bereits die nächste Generation nachzuziehen. Es ist immer besser, wenn sich der Wald natürlich verjüngt“, so Schultheiß. Ist dies nicht möglich, muss der Baumbestand durch Pflanzung oder Saat künstlich verjüngt werden. Dies bringt jedoch nicht nur hohe Kosten mit sich, sondern auch die Gefahr einer höheren Anfälligkeit und geringeren Stabilität der Bäume.

Egal welche Methode gewählt wird – bei der Verjüngung kommt es auf die richtige Baumartenwahl für den jeweiligen Standort an. Das Revier Bamberg befindet sich im „Bunten Keuper“ – einem engmaschigen Netz verschiedenster Standorte. Hier treffen sandige, tonige und lehmige Böden, Schichtlehme, Schichttone sowie Standorte mit Wassermangel, -überschuss und wechselfeuchte Böden aufeinander. Es gilt, die 30 bis 40 vorhandenen Baumarten hier standortgerecht zu platzieren und zu fördern – eine große Herausforderung für die Forstwirte. Je besser der Standort für die jeweilige Baumart geeignet ist, umso höher ist ihre Resilienz hinsichtlich anderer Schadorganismen oder Wetterextremen.

Es werde Licht

Neben dem richtigen Standort spielt vor allem der Lichteinfall auf den Boden eine wichtige Rolle bei der Waldverjüngung. Die vielen Tausend jungen Eichen-, Ahorn-, Kirschen-, und Elsbeerensämlinge (Lichtbaumarten) warten am Boden darauf, dass sie Licht von oben bekommen. Hier ist ein Lichtungshieb erforderlich, der Licht durch den Kronenraum auf den Boden kommen lässt. Unterbleibt die rechtzeitige Nachlichtung, bleiben die Lichtbaumarten auf der Strecke und die Schattbaumarten wie Buche und Fichte verdrängen diese. „Im Revier Bamberg würde dann zum großen Teil Buchenmonokulturen die nächste Waldgeneration bilden“, so Berthold Schuldheiß. „Im Bereich der rund 1600 Hektar Waldfläche des Staatswaldrevieres Bamberg, gibt es deshalb alle zehn Jahre eine Waldinventur.

Wald im Wandel Wie sieht der Wald der Zukunft aus?-2


„Wir müssen uns im Klaren darüber sein, dass wir für die nächsten 100 Bis 200 Jahre Entscheidungen treffen. Deshalb müssen wir hier sorgfältig und gewissenhaft vorgehen.“


Berthold Schultheiß, Revierleiter im Revier Bamberg

An 350 bis 400 permanenten Stichprobenpunkten wird genau dokumentiert: Welche Baumarten mit welchem Vorrat stehen da? Was kommt an Verjüngung? Wie hoch ist der Verbiss? Wieviel Totholz ist vorhanden? Und aufgrund des Vorrates und des zu erwartenden Nachwuchses errechnet sich dann der Hiebsatz für die nächsten zehn Jahre.“ Diese Vorgehensweise entspricht dem Waldgesetz mit dem Ziel der Nachhaltigkeit. Damit wird auch die Nachhaltigkeit des Bodenschutzes, Wasserschutzes und Klimaschutzes, der Erholungs- und Sozialfunktion sowie der Biodiversität gesichert.

Wald im Wandel Wie sieht der Wald der Zukunft aus?-3
Foto: Adobe Stock

Wildbestände regulieren

Ein weiterer wichtiger Faktor in der Waldwirtschaft ist aber auch die Regulierung des Wildbestandes. Gerade Rehe benötigen einen hohen Eiweiß- und Nährstoffgehalt in ihrer Nahrung, welchen besonders die jungen Triebe von Ahorn, Esche, Ulme, Eiche und Tanne liefern. Aber gerade die wurzelintensiven Bäume wie Eiche und Tanne werden für die Zukunft dringend benötigt. Sie können den zunehmenden Stürmen besser standhalten, den Wald somit stabilisieren und zudem Wasser auch aus tieferen Bodenschichten erschließen. Daher ist es wichtig die Rehbestände durch gezielte Jagd zu regulieren. Dazu wird alle drei Jahre die Höhe der Abschussquote nach der Erhebung des Rehwildverbisses festgelegt.

Der Wald der Zukunft

Niemand kann eine genaue Aussage dazu treffen, wie unser Wald der Zukunft aussehen wird. Bei einer Klimaerwärmung von ein bis zwei Grad werden jedoch einige Baumarten verschwinden, u.a. Kiefern, Lärchen und Fichten. Fest steht aber auch, dass es den einen Superbaum nicht gibt. Jede Baumart ist unter bestimmten Bedingungen anfällig. Selbst die Tanne, welche als Hoffnungsbringer angepriesen wurde, wird nun in manchen Regionen stark von Schädlingen befallen.

Wald im Wandel Wie sieht der Wald der Zukunft aus?-4
Der Buchenkeimling setzt sich besonders in schattigen Lagen gegen die Lichtbaumarten durch. Foto: Berthold Schultheiß

Das oberste Ziel ist somit eine genetische Vielfalt von mindesten vier bis sechs Baumarten zu schaffen. Und diese kann nur durch eine baumartenreiche, standortsgemäße Verjüngung des Waldes, Förderung aller Mischbaumarten durch rechtzeitige, regelmäßige Durchforstungen und konsequente Rehwildbestandsregulierung erreicht werden. „Wir müssen klimaresiliente Wälder nachziehen, die den extremen Wettererscheinungen und Schadorganismen standhalten“, so Schultheiß.

Interessen vereinen


Für einige Bürger ist es schwer nachvollziehbar, warum der Wald vom einen auf den anderen Tag sein Gesicht ändert. Besonders wenn vermehrt Holz geschlagen oder Wild geschossen wird, stößt dies in der Bevölkerung auf Unmut. Daher ist es wichtig, dahingehend besser aufzuklären. Dies kann bereits im Kindergarten und der Schule beginnen. Acht Bamberger Kindergärten verbringen zum Beispiel ihre Waldwochen im Michelsberger Wald und Bruderwald und sammeln unter anderem Eicheln für die Wiederaufforstung. Auch Waldlehrpfade, spezielle Waldführungen und andere Angebote des Forstes sensibilisieren Kinder, Jugendliche und Erwachsene für die moderne Waldwirtschaft und die zahlreichen Funktionen unserer heimischen Wälder. Gerade in Corona-Zeiten hat die Erholungsfunktion des Waldes stark an Bedeutung gewonnen. Downhillfahrer, Geocacher, Reiter, Hundebesitzer, Pilz- und Beerensucher, Spaziergänger und Orientierungsläufer drängt es raus in die Natur. Dabei gilt es die konkurrierenden Bestrebungen der verschiedenen Parteien untereinander als auch die Arbeit der Forstwirte unter einen Hut zu bringen und somit den Wald für uns alle zu erhalten. Sina Kemnitz

Krankheiten, Schädlinge, Störungen

• Fichte: Buchdrucker und Kupferstecher (Borkenkäfer), Hallimasch, Trockenheit
• Kiefer: Diplodia-Triebsterben, Kiefernprachtkäfer, Hallimasch, Mistelbefall, Trockenheit
• Lärche: Lärchenborkenkäfer
• Buche: Trockenheit

Baumwissen:

Lichtbaumarten: Eiche, Ahorn, Kiefer, Lärche, Esche, Erle, Birke, Weide, Pappel, Kirsche, Ulme, Wildobst
Schatt- und Halbschattbaumarten: Buche, Tanne, Fichte, Douglasie, Eibe, Hainbuche, Linde

Wohin geht unser heimisches Holz?

Wald im Wandel Wie sieht der Wald der Zukunft aus?-5
Foto: Berthold Schultheiß

Wenn Holz dem Wald entnommen wird, so erhält es immer ein zweites Leben. Wir benötigen es als Brennholz, als Bauholz, für die Herstellung von Papier und Stoffen, in der Pharmazie, der Nahrungsmittelproduktion und für Reinigungsmittel – überall sind Holzbestandteile enthalten, sogar im Speiseeis! Dabei legt das Bamberger Holz in der Regel maximal 200 Kilometer zurück: Viel Holz geht an örtliche Sägewerke oder Schreinereien. Werthölzer werden auf dem Lagerplatz in Strullendorf aufgelegt und zum Verkauf angeboten. Zur Wertholz-Submisssion bieten auch Käufer aus Frankreich, die Eichenholz für Fassdauben benötigen oder Kunden aus dem norddeutschen Raum, die die Werthölzer für den Schiffsinnenausbau nutzen. Den Zu schlag erhält dann der Bieter, der in einem verschlossenen Umschlag das höchste Gebot abgegeben hat. Schwächere Buchen finden sogar ihren Weg nach Österreich – dort entstehen aus Holzfasern Kleidungsstücke, Heimtextilien, Hygieneprodukte und vieles mehr. Die moderne Industrie versucht vermehrt Verfahren zu entwickeln, um nun auch Laubhölzer besser und vermehrt verarbeiten zu können – für eine ökologischere Zukunft. Viel liegendes und stehendes Totholz soll jedoch zur Humusneubildung und als Lebensraum für Vögel, Insekten und Pilze im Wald verbleiben.

Wald im Wandel Wie sieht der Wald der Zukunft aus?-6


TAUCHEN SIE EIN!
Ein spannender Blick in den Wald