E-Mobilität
Im Westen wird gerade ganz oft nach Osten geschielt: Dieses Jahr werden in China zum ersten Mal in der Geschichte mehr E-Fahrzeuge als Verbrenner verkauft. Das riesige Land gilt als ultimativer Vorreiter in puncto Elektromobilität – hinsichtlich Produktion und Marktgröße. Was den Erfolg definiert? Das hat mit mehreren Punkten zu tun, die sich gegenseitig bedingen. Elektrischer Innovationsgeist der Hersteller und staatliche Förderung helfen sich gegenseitig dabei, verbraucherfreundliche Lösungen zu entwickeln, die machbar für Industrie und bezahlbar für Nutzer sind. Und die als Happy End in Dauerschleife Lust auf E-Mobilität machen: Ein Prinzip, das jetzt auch in Deutschland angeleiert werden soll.

Die Rahmenbedingungen
Ob überhaupt oder lieber überhaupt nicht: Elektro-Grundsatz-Diskussionen sind ohnehin passé. Wegen dringend notwendiger Beschränkung der CO2-Emissionen und global festgelegter Ziele hinsichtlich Kohlenstoffneutralität ist weltweite Elektrifizierung obligatorisch und braucht weiterhin Starthilfe. Was es jetzt noch dringlicher macht: Ab diesem Jahr verschärfen sich in der EU die CO2-Ziele für die Autohersteller über die gesamte Flotte gerechnet. Bei den Neuwagen sinkt der Schwellenwert für den Ausstoß von 116 Gramm pro Kilometer auf nur noch 93,6 Gramm pro Kilometer. Überschreitet ein Hersteller den vorgeschriebenen Flottenwert, werden Strafzahlungen fällig. Experten sehen hier für Nutzer allerdings indirekt eine tolle Chance: Weil in diesem Sommer viele Stromer verkauft werden müssen, prognostizieren Experten satte Rabatte im Verkauf.
Support vom Staat
Die zwischenzeitliche Einstellung der staatlichen Förderung in Deutschland Ende 2023 hat den Wechsel zur E-Mobilität erst mal eingebremst. Kurz vor dem Bruch der Ampel-Koalition stand eine Förderung für Gewerbe und Selbstständige zur Debatte, die gleich mit in den Abgrund rutschte. Nun gibt es Pläne zur Wiederbelebung: Mit einem 8-Punkte-Plan will die neue Regierung den Umstieg auf klimafreundliche Fahrzeuge beschleunigen, allerdings ohne dabei auf gesetzliche Quoten zu setzen. Stattdessen geht es um einen technologieoffenen Ansatz. So soll die steuerliche Förderung von E-Fahrzeugen deutlich ausgeweitet werden, profitieren sollen besonders Unternehmen und Selbstständige, die elektrisch betriebene Dienstwagen in der Fahrzeugflotte einsetzen – Ähnliches gilt aber auch für Angestellte, die ein Firmenfahrzeug nutzen. Dazu kommen eine verlängerte Kfz-Steuerbefreiung bis 2035, zielgerichtete Förderung für Haushalte mit geringem Einkommen, Unterstützung für Plug-in-Hybride und Range-Extender, also Elektrofahrzeuge mit höherer Reichweite. Ebenfalls geplant sind weiterer Ausbau und Finanzierung des Ladenetzes, Mautbefreiung für emissionsfreie Lkw über 2026 hinaus und der Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur für Nutzfahrzeuge.
Lade-Infrastruktur
Apropos Lade-Infrastruktur: Anders als ihr Ruf ist sie inzwischen ganz schön vielfältig. Fürs bequeme Laden daheim stehen Wallboxen zur Verfügung – die Kleinwagen in ungefähr zwei Stunden aufladen. Unterwegs gibt’s in der Stadt und auch auf dem Land Ladestationen mit unterschiedlichen Kapazitäten und Geschwindigkeiten. Schnellladestationen laden ein Fahrzeug in rund dreißig bis 60 Minuten auf, während sogenannte normale Ladestationen ausgiebiger Zeit brauchen. Viele Stationen finden sich zum Beispiel an Langzeitparkplätzen – wo das Fahrzeug ohnehin Pause hat. Aber Achtung: Immer Kompatibilität checken. Beim normalen Laden und daheim an der Wallbox kommt meist der Typ-2-Stecker zum Einsatz, während zusätzliches Schnellladen nur der CCS-Stecker (Combined Charging System) kann.


Kreative Technik
Um E-Mobilität wie in China umzusetzen, müssen schnell Vorbehalte abgebaut und die Sinnhaftigkeit der Nutzung schmackhaft gemacht werden. Das ist neben staatlicher Subvention klar Aufgabe der Industrie – über beste Funktionalität und Kreativität. Die modernen Lithium-Ionen-Batterien sind hartnäckigen Gerüchten zum Trotz inzwischen langlebig und leistungsstark, unterstützen nicht nur die Energieversorgung des Motors, sondern ermöglichen die Rückgewinnung oder sogenannte Rekuperation beim Bremsen, was vor allem den Stromverbrauch im Stadtverkehr bis zu 20 Prozent senken kann.
Abgesehen davon sind neuere Modelle mit besserer Reichweite zu haben: Neue Kleinwagen-Modelle werden durch optimierte Batterietechnologie Distanzen von über 700 Kilometer offerieren. Auch bei den Großen soll demnächst noch mehr gehen: Zwei Marken offerieren laut Experten schon Prototypen, die 1000 Kilometer Reichweite anpeilen. Fortschritte gibt es auch hinsichtlich Ladezeiten und Haltbarkeit der Batterien.
Kompakte Formate
Fokus endlich auch auf weniger zahlungskräftige Nutzer: Weg vom Maximal-Volumen hin zum Minimalismus werden in den kommenden Monaten neue Serien erwartet, die auf wirtschaftlich planende und familiär lebende Menschen zielen. Mehr kompakte und erschwingliche Kleinwagen sollen den Einstieg ins achtsamere Fahren erleichtern.
Beim Rechnen und Kaufen rund um alle Modelle hilft auch ein ganzheitlicher Blick auf den gesamten Nutzungszeitraum: Zahlen des ADAC beispielsweise demonstrieren, dass Elektroautos hinsichtlich Gesamtkosten häufig günstiger sind als vergleichbare Verbrenner-Modelle – was sogar nach dem Wegfall staatlicher Prämien galt – und weiter gelten wird. Annette Gropp