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Historisch gecheckt: Die Weihnachts-Geschichte

Weihnachten ist ein Fest mit vielen Wurzeln.

Historisch gecheckt: Die Weihnachts-Geschichte

Foto: Adobe Stock

17.12.2022

Schon in der Antike ist den Ägyptern und anderen Hochkulturen der 21. Dezember dringender Anlass zum Feiern. Weil mit der Sonnwende die Tage wieder länger und heller werden, würdigt man in Europa diverse Sonnengottheiten. Um 500 vor Christus machen die Römer den 25. Dezember zum Feiertag des unbesiegbaren Sol, während die Germanen, Balten und Skandinavier anfangen, Jul zu huldigen. Länder wie Schweden, Norwegen und Dänemark nennen Weihnachten heute immer noch Jul, Island Jól, Finnland Joulu, Estland Joulud. Und auch in Deutschland gibt's in friesischen Dialekten Relikte: Auf Sylt findet man zum Beispiel Jül oder Jööl. Schon vor dem Start des Christentums gibt es Feierlichkeiten rund um leiblichen Genuss und Deko: Beim rituellen Jultrinken wird ordentlich gebechert und dass seit dieser Zeit Häuser mit immergrünen Zweigen aus Tanne, Fichte und Kiefer geschmückt werden, gilt als vorchristlicher Brauch.

Die Geburt Christi

Historiker sind sich sicher: Die ersten Christen haben Weihnachten nicht gefeiert. Nach geschichtlichen Recherchen gibt es erst ab dem vierten Jahrhundert Belege dafür, dass die Geburt Jesu mit einem eigenen Feiertag bedacht wird. Zwar hatten schon vorher Gelehrte versucht, dessen exaktes Geburtsdatum zu ermitteln - aber ohne Erfolg, weil es in der Bibel dazu keine echten Belege gibt. Weil dieser frühen Kirche heidnische Feste ohnehin ein Dorn im Auge sind, werden Sonnwendfeste verboten - und wegen Zuwiderhandlungen das heidnische Event einfach umgewidmet. Und statt der Wintersonnwendfeier am 25. Dezember der Geburtstag von Jesus gesetzt. Dessen echter Geburtstag könnte etwas früher liegen: Es kursieren Interpretationen von Bibelpassagen, die auf ein Geburtsdatum im Herbst hinweisen. Als Indiz dafür gilt die Volkszählung. Solche Erhebungen werden traditionellerweise in der Zeit nach der Ernte, also im September oder Oktober, durchgezogen. Was aber trotz falscher Jahreszeit als christliche Tradition verankert wird: Das Feiern der Geschichte von Jesu Geburt, das Zelebrieren der Familie als Institution und das konkrete Würdigen und Erinnern an daran geknüpfte Liebe, Hilfsbereitschaft und gelebte Barmherzigkeit.

Magic Mittelalter

Im Mittelalter läuft das christliche Weihnachtsfest erst mal unchristlich aus dem Ruder. Die besten Geschichten stammen da aus England: Mit Schauspiel, wilden Gelagen und Festzügen feiert man die Geburt Jesu zwölf lange Tage. Musik, Geschenke und festliche Dekoration werden Pflicht. Die extravagantesten Feten gibt's logischerweise bei Hofe: Den Gästen des englischen Königs Heinrich III. werden anlässlich eines Weihnachtsfestes im 13. Jahrhundert angeblich 600 Ochsen serviert. Universitäten krönen jährlich einen Weihnachtskönig, der während der Festtage über seine Mitstudenten herrscht. Hymnen und Lieder sind Teil jeder noch so bescheidenen Festivität. Dieser weihnachtliche Hype hat Folgen: Radikal-calvinistische Puritaner Englands verbieten das Fest im Jahr 1644 und lösen auch dadurch religiöse Unruhen aus, die schließlich im Ausbruch der entscheidenden Kriegsphase des zweiten Englischen Bürgerkriegs gipfeln. Was aus dieser Zeit trotzdem bleibt: Kulinarische Opulenz, mit dem Hang zum Exzess.

Weihnachtlicher Neuzeit-Mix

Winterfeste mit christlichen Ritualen zu mixen und umgekehrt ist laut Historikern wohl auch ein sehr deutscher Ansatz - allerdings erst in der Neuzeit. Gerade das Lieblingssymbol des modernen Weihnachtsfests hat laut Historikern einen deutschen Ursprung. Der Weihnachtsbaum als Weiterentwicklung des Tannenzweig-Themas etabliert sich als geschmücktes Komplettexemplar im 19. Jahrhundert. Als dann die englische Königsfamilie mit deutschen Wurzeln ihren eigenen Weihnachtsbaum aufstellt, ist das der Startschuss zu einem weltweiten Trend, der sich bis heute gehalten hat. Auch Adventskränze, Nussknacker, Räuchermännchen, Weihnachtsmärkte und andere sinnlich-dekorative Stimmungsmacher werden größtenteils in Deutschland erfunden.

Export in die USA und wieder zurück

Wie im mittelalterlichen England aber viel später - organisieren Puritaner zum Deeskalieren von Exzessen auch auf der anderen Seite des Atlantiks ein Weihnachts-Verbot. Es tritt 1659 in Kraft und wird erst im Jahr 1681 wieder abgeschafft. Als Reaktion aufs Bürgerkriegsende und mit Rückbesinnung auf Herzerwärmendes und Familiäres erklärt der Kongress erst 1870 Weihnachten zum ersten nationalen Feiertag der USA. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bringen dann die Immigranten der großen Einwanderungswelle eigene Weihnachtstraditionen mit über den großen Teich. Dort entsteht eine Art Ritual-Schmelztiegel, in dem sich Einflüsse unterschiedlicher Kulturen zu einheitlichen Feierlichkeiten vermischen. Klar kommt von dort auch was zurück: Die Amerikaner erfinden immerhin den Weihnachtsmann, der nicht mal heidnisch ist. Sondern einfach nur eine Werbefigur für süße Limo.

Feierlichkeit: Wohin?

Heute und morgen? Bewegt sich Weihnachten weiter irgendwo zwischen Purismus und Exzess. Verbote werden allerdings durch Krisen ersetzt. Dass sich das Fest der Feste wieder mal weltlich und dabei kommerziell und konsummäßig weiter hochschaukelt diese Phase kann momentan weder der kurze Corona-Break noch die Energiekrise ausbremsen. Neben allem Geglitzer und atemloser Feierlichkeit hat Weihnachten immerhin einen Vorteil: Der wilde Mix aus heidnischen, religiösen und Lifestyle-Traditionen ist in seinen individuellen Varianten inzwischen sowas wie ein Fest für alle, das trotzdem ganz individuell nach persönlichem Gusto gefeiert werden kann. Entwicklung offen: Die Weihnachts-Geschichte ist und bleibt eine unendliche Geschichte. Annette Gropp