Pflegebedürftigkeit kommt oft aus heiterem Himmel, häufig schleichend und manchmal scheibchenweise oder episodenartig. Neben der klassischen finalen Bettlägerigkeit gibt es unzählige Variationen, Situationen und Einschränkungen, die den gewohnten Alltag von Betroffenen und Angehörigen leicht bis erdrutschartig aus dem Ruder laufen lassen. Wer hilft wo? Was geht wie? Wann funktioniert was? Wenn der innere Fragenkatalog explodiert und Angst macht, hilft Maximal-Information – und ein vorgebautes Aktivitäten-Gerüst. Aufgabe Nummer eins: Genau hinschauen. Was kann der Pflegebedürftige künftig nicht mehr selbstständig? Und welchen Aufwand bedeutet das für Helfende?
Pflegebedarf checken & einordnen
Fordert eine fortgeschrittene Demenz Rund-um-die-Uhr-Betreuung oder sind wegen leichter körperlicher Einschränkungen stundenweise Unterstützung bei genau definierten Tätigkeiten nötig? Zwischen den Extremen gibt es viele Grauzonen und Bedarfs-Szenarien, die schon mal privat genau gecheckt werden sollten. Nach Definition des Gesetzes sind „Personen erfasst, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen.“
Betroffenen und Angehörigen wird als Voraussetzung für eine staatlich finanzierte externe Hilfe deswegen die Pflege-Dokumentation empfohlen: Ein Pflegetagebuch gilt als hilfreiche Vorlage um die faktische Situation zu klären. Was kann der Betroffene nicht mehr? Was muss von anderen gemacht werden? Je detaillierter die Aufzeichnungen sind, desto besser.
Format der Pflege wählen
Aus Diagnosen, Behandlungen, Alltags-Check und Wünschen ergibt sich ein ganz individuelles Pflege-Schema. Das oft von Angehörigen erledigt, aber auch ausgelagert werden kann. Aufgabe zwei deswegen: Klären, was zu wem passt. Wie will oder wie soll der Pflegebedürftige versorgt werden? Ist häusliche Pflege logistisch machbar? Wer pflegt zuhause? Können willige Angehörige den Bedarf mit Beruf und Familie vereinbaren?
Oder braucht es professionelle Pflege-Elemente von außen? Oder fordert die Summe der Notwendigkeiten und Bedingungen Vollzeit-Betreuung in einer stationären Einrichtung? Was kostet wieviel? Wer zahlt was?
Die verschiedenen Pflege-Varianten
Bei der Pflege im eigenen Zuhause mit Angehörigen-Einsatz ist der Vorteil, dass die zu pflegende Person in ihrem vertrauten Umfeld lebt und auch vertraute Personen um sich hat. Der Nachteil: Es kommt häufig zu psychischen und psychologischen Konflikten und es droht die Gefahr, dass die Angehörigen schnell überlastet sind. Hier hilft aufstocken mit ambulanter Pflege im eigenen Zuhause. Vorteile sind hier ein weitgehend normales Leben aller Beteiligten durchs Auslagern von pflegerischen und hauswirtschaftlichen Tätigkeiten.
Noch eine Stufe weiter geht die Tages- oder Nachtpflege – und ist teilstationär. Hier werden pflegerisch schwierige Phasen ausgelagert und Angehörige entlastet – ohne Komplett-Auszug des Betroffenen.
Eine Verhinderungs- oder Kurzzeitpflege wiederum gilt als wochenweise Pause von Zuhause. Der Vorteil für pflegende Angehörige: Versorgerische Engpässe können überbrückt, einfach mal Urlaub gemacht und so wieder Kraft getankt werden.
Bei der 24-Stunden-Pflege oder Rundum-Versorgung ist Entscheidung angesagt: Die arbeitsintensivste und komplexeste Variante ist prinzipiell zuhause oder stationär zu haben. Wer kann und mag, quartiert Pflegekräfte zuhause ein – wo es aus praktischen oder emotionalen Gründen nicht funktioniert, ist Umzug in eine Pflege-Einrichtung die beste Wahl. Die Rundum-die-Uhr-Pflege im Heim ist eine Lösung für Menschen, die loslassen können und das Leben in einer durchorganisierten Umgebung zu schätzen wissen.
Pflegegrad beantragen
Um finanzielle Entlastung zu erfahren, ist die Pflegebedürftigkeit und das Recht, staatliche Mittel anzufordern, grundsätzlich gesetzlich geregelt und wird in Deutschland per Grad definiert. Um persönlich bestinformiert zu sein, helfen nicht nur Diagnosen und Pflegetagebuch, sondern auch ein Pflegegrad-Rechner im Vorfeld. Spuckt der schon einen klaren Bedarf aus, ist Beantragen angesagt: Bei der Pflegekasse des Betroffenen, die wiederum an die Krankenkasse angegliedert ist. Die Feststellung des Pflegegrades ist allerdings nur ein Beginn. Was detaillierte Aspekte, wie zum Beispiel Kostenübernahme von Dienstleistungen und Pflegeprodukten bei häuslicher Pflege betrifft: Hier müssen Betroffene und Angehörige in jedem Fall viel Zeit und bürokratische Mühen einplanen.
Eines gilt: Bei Hilflosigkeit im Verwaltungsdschungel sofort Rat suchen! Im Netz finden sich neben städtischen Beratungsstellen auch lokale Krisentelefone oder geförderte Pflegeexperten, die unabhängig und kostenlos beraten. Annette Gropp