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Gerade scheint das Leben noch in Ordnung zu sein, kurz darauf ist alles anders: Jeder kann durch einen Unfall, eine Erkrankung oder schlicht durchs Alter zum Pflegefall werden. Gut, wenn sich ad hoc jemand findet, der sich mit dem Thema beschäftigt hat und weiß, was zu tun ist. Tritt der Pflegefall plötzlich auf, kann der Hausarzt oder der Facharzt in der behandelnden Klinik Ansprechpartner für erste Fragen sein.
Antrag stellen
Um Leistungen der Pflegeversicherung zu erhalten, muss ein Antrag gestellt werden und dieser geht – das funktioniert auch telefonisch – an die Pflegekasse, die bei der Krankenkasse angesiedelt ist. Mit einer Vollmacht ausgestattet, können Familienangehörige, Freunde oder auch Nachbarn den Antrag stellen. Professionelle Auskunft gibt auch jede Krankenkasse, sie bietet zudem eine kostenlose Pflegeberatung an. In manchen Städten oder Gemeinden befindet sich ein Pflegestützpunkt, auch hier finden Betroffene Hilfe, oder sie wenden sich an das Bürgertelefon des Bundesministeriums für Gesundheit, an Sozialdienste, an Reha-Einrichtungen oder an eine Selbsthilfegruppe.
Nach der Definition des Gesetzes gelten Personen als pflegebedürftig, „die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen“ (Bundesministerium für Gesundheit, Ratgeber Pflege, Seite 36, 1.4.a). Die Beeinträchtigungen können körperlich, geistig oder psychischer Art sein, die Pflegebedürftigkeit muss für mindestens sechs Monate oder länger und mit mindestens der in Paragraf 15 SGB XI festgelegten Schwere bestehen. Wenn bei einem nahen Verwandten kurzfristig eine Pflegesituation eintritt, können Beschäftigte sich von ihrem Arbeitgeber bis zu zehn Arbeitstage freistellen lassen, um die Pflege zu organisieren.
Pflege außer Haus
Kann der Pflegebedürftige nicht zuhause versorgt werden, besteht die Möglichkeit der Kurzzeitpflege in einer Pflegeeinrichtung. Vielleicht kommt eine teilstationäre Versorgung infrage? Sie sieht eine Betreuung zu einer bestimmten Zeit vor, das kann, je nach Absprache, am Tag oder in der Nacht erfolgen. Menschen, die sich nicht mehr selbst um sich kümmern können, die nicht mehr von allein aufstehen oder sich waschen können, die sich insgesamt oder teilweise nicht versorgen können, haben Anspruch auf Hilfe. Inwieweit Leistungen von der Pflegeversicherung übernommen werden, hängt vom jeweiligen Pflegegrad ab. An insgesamt fünf Pflegegraden bemessen Mitarbeiter vom MDK (Medizinischer Dienst der Krankenkassen) oder andere unabhängige Gutachter den Pflegebedarf.
Treffen mit dem Gutachter
Wer privat versichert ist, stellt seinen Antrag bei seinem privaten Versicherungsunternehmen, hier kümmern sich die Gutachter des medizinischen Dienstes „Medicproof“. Das Treffen mit dem Gutachter erfolgt nach Terminvereinbarung zuhause oder in der Pflegeeinrichtung, Angehörige oder Bevollmächtigte dürfen an dem Gespräch teilnehmen. Geklärt wird, wie viel Hilfe die zu pflegende Person braucht, dementsprechend erhält sie einen Pflegegrad.
Um ihn individuell zu bestimmen, prüft der Gutachter die Pflegeperson nach Richtlinien: Kann sie Treppen steigen und sich in der Wohnung oder draußen bewegen? Wie steht es um geistige Fähigkeiten? Hat die Person ein Zeitgefühl? Leidet sie unter Vergesslichkeit? Wie verhält sie sich insgesamt? Besteht nächtliche Unruhe? Neigt die Person zu aggressivem oder depressivem Verhalten? Kann die Person sich selbst versorgen, einkaufen, kochen, Hygiene betreiben? Je nach Antwort teilt der Gutachter die Pflegegrade ein: Menschen mit Pflegegrad 1 haben eine geringe, bei Pflegegrad 2 besteht eine erhebliche, bei Pflegegrad 3 eine schwere, bei Pflegegrad 4 eine schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten.
Zuschuss ist möglich
Pflegegrad 5 erhalten Menschen mit schwerster Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung. Je nach Situation kann ein Zuschuss bis zu 4000 Euro für Anpassungsmaßnahmen in der Wohnung beantragt werden, damit die häusliche Pflege erleichtert oder gar erst ermöglicht wird. Je nach individueller Situation ist es möglich, einen Angehörigen in seiner Wohnung zu pflegen, zur Unterstützung stehen die Pfleger und Pflegerinnen von ambulanten Pflegediensten bereit.
Welche Pflegemaßnahmen übernommen werden, richtet sich nach dem Gesundheitszustand der zu pflegenden Person. Wer sich von einem Angehörigen oder ehrenamtlich tätigen Personen pflegen lassen will und die Betreuung sicher nachweisen kann, hat Anspruch auf Pflegegeld. Hierfür muss mindestens der Pflegegrad 2 vorliegen, das Geld wird von der Pflegekasse an die pflegebedürftige Person überwiesen, die es dann in der Regel an die betreuenden Personen weitergibt. Das Pflegegeld kann auch mit ambulanten Pflegesachleistungen kombiniert werden. Es gibt auch noch andere Möglichkeiten: Man engagiert eine Einzelpflegefachkraft, die bei der zu pflegenden Person wohnt, oder die zu pflegende Person zieht – sofern es möglich ist – in eine Wohngemeinschaft, in der vorab vereinbarte Dienstleistungen in Anspruch genommen werden können. In manchen Fällen kann der dauerhafte Aufenthalt in einem Pflege- oder Seniorenheim die beste Lösung sein.
Anja Vorndran/www.bundesgesundheitsministerium.de/pflege