Probleme beim Hören sollten ältere Menschen nicht herunterspielen. Schämen müssen sie sich schon gar nicht. Und dennoch: Viele Betroffene wollen keine Hilfe, sie verweigern sich – und nehmen gravierende Folgen in Kauf.Jeder erlebt irgendwann eine Form der Höreinschränkung im Alter. Manchmal geht es schon mit 40 los, manchmal erst mit 60 bis 65 Jahren. „Es gibt sicher niemanden, der mit 90 Jahren noch normal hört“, sagt Prof. Christian Betz, Direktor der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. Der Grund: Die Lebensdauer der Innenohrhaarzellen ist begrenzt, sie können sich nicht mehr regenerieren. Eine Prävention gegen diesen altersbedingten Abbau gibt es nicht.Der Betroffene selbst spürt den Hörverlust zwar. „Es ist aber nicht so, dass man plötzlich nichts mehr hört oder bestimmte Geräusche nicht mehr da sind“, sagt Betz. Sondern: „Es wird schwieriger, diese voneinander zu unterscheiden oder einzelnen Schallquellen zuzuteilen.“ So kann man zum Beispiel in einer Gruppe nicht mehr gut den Worten einer einzelnen Person folgen. Das äußert sich auch im Haushalt – manchmal zum Leidwesen anderer. So werde beispielsweise das Telefon oder die Türklingel überhört sowie Fernseher und Radio lauter gestellt, ergänzt Stefan Zimmer, Vorsitzender des Bundesverbands der Hörgeräte-Industrie (BVHI).Frühes Handeln ist gefragtGespräche in Gruppen und am Telefon empfinden Betroffene häufig als anstrengend. Sie seien häufiger erschöpft, litten unter Verspannungen, schliefen in der Regel schlechter und mieden soziale Kontakte, so Zimmer. „Alarmierend wird es, wenn akustische Warnsignale wie zum Beispiel im Straßenverkehr nicht mehr wahrgenommen werden.“Dann gilt es zu handeln, denn: „Wird eine leichte Hörminderung früh behandelt, kann ein Fortschreiten verhindert werden“, sagt Zimmer. Ohne Hilfe dagegen verschlechtert sich das Hören weiter. Soziale Isolation und Depressionen sind mögliche Folgen. Auch die kognitiven Fähigkeiten könnten abbauen.Ähnlich wie bei Ohrgeräuschen, Tinnitus, Infektionen oder einem Hörsturz muss auch bei einer Hörminderung zuerst der HNO-Arzt die Art und Ursache bestimmen. Falls ein Hörgerät verschrieben wird, erklärt ein Hörakustiker die Modelle und bietet sie zum Probetragen an. Danach stellt der Experte das Hörsystem schrittweise ein und trainiert mit dem Träger.Trotzdem wird ein solches Gerät von manchen als unästhetisch und als Stigma empfunden. Auch die Handhabbarkeit ist für Ältere ein Problem. „Das Gravierendste ist, dass man sich erst an die Hilfe gewöhnen muss“, sagt HNO-Arzt Betz. Der Betroffene hört nicht ad hoc so wie früher. „Das Gehirn hat sich daran gewöhnt, die hohen Töne nicht mehr zu hören. Wenn jetzt die Hörhilfe die hohen Töne wieder verstärkt, empfindet das Hirn das als störend.“ Man müsse die Hörhilfe jeden Tag tragen. dpa
Bewegung beugt Stürzen vor
Bewegung ist gut für den Körper – das gilt auch im Alter. Gerade wer unsicher beim Gehen ist, sollte regelmäßig aktiv sein, um seine Beweglichkeit und seine Koordination zu trainieren. Sonst lassen die Muskelkraft und der Gleichgewichtssinn nach. Das erhöht etwa die Gefahr von Stürzen, warnt das Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP). Wer stürzt, ist durch diese Erfahrung eventuell verunsichert und bewegt sich noch weniger. Das könne zu einem Teufelskreis werden.
Darum sind auch Angehörige gefragt. Sie sollten Ältere dazu motivieren, noch möglichst viel selbst zu schaffen – sich anziehen zum Beispiel. Das fördert die Selbstständigkeit und zugleich den Bewegungsradius. Wichtig ist: nicht überreden, drängen oder gar zwingen. Es muss freiwillig passieren.
Augen und Ohren testen lassen
Wer gut sieht und hört, ist sicherer unterwegs. Aus dem Grund rät das ZQP, Brillen und Hörgeräte stets zu nutzen und die Augen und Ohren regelmäßig testen zu lassen. Im Haushalt lässt sich die Sturzgefahr durch Haltegriffe und Handläufe oder Lampen mit Bewegungsmeldern senken. Läufer, Schwellen und Kabel sind Stolperfallen, die man lieber entschärft. Kleidung und Alltagsgegenstände wie die Fernbedienung sollten leicht erreichbar sein.
Manche Medikamente können Nebenwirkungen haben, die das Sturzrisiko erhöhen – in dem sie müde machen, für akuten Harndrang sorgen oder zu Verwirrung führen, wie die Pflegeexperten erläutern. Beobachtet man diese Art von Symptomen, sollte man sich ärztlichen Rat einholen.
Angebote nutzen
Wer unsicher ist, was körperlich noch möglich ist, kann sich in einer Physiotherapiepraxis einen Bewegungsplan mit Übungen erstellen lassen. Krankenkassen oder Gemeinden machen möglicherweise Angebote, die man nutzen kann: Sitzgymnastik zum Beispiel. dpa