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Deutlich mehr Bedürftige als gedacht

Neue Berechnungen zeigen: Es wird deutlich mehr Pflegpersonal gebraucht als bisher erwartet

Deutlich mehr Bedürftige als gedacht

Im Vergleich zu 2019 wird es im Jahr 2030 in Bayern 45 Prozent mehr Menschen geben, die pflegebedürftig sind, heißt es im aktuellen Pflegereport der Krankenkasse Barmer. FOTO: ANGELIKA WARMUTH/DPA

27.11.2022

Der Notstand in der Pflege wird nach Berechnungen der Krankenkasse Barmer noch schlimmer als befürchtet: Bis 2030 werden demnach allein in Bayern mehr als 4000 Pflegerinnen und Pfleger zusätzlich zu dem bisher erwarteten Bedarf gebraucht. Insgesamt steige die Zahl der benötigten Pflegekräfte somit von 115.000 im Ausgangsjahr 2019 auf rund 146.000 im Jahr 2030, sagte Barmer-Landesgeschäftsführerin Claudia Wöhler.

Mit rund 751.000 Pflegebedürftigen steige die Zahl der Betroffenen gegenüber bisherigen Hochrechnungsmethoden um rund 135.000, heißt es im aktuellen Barmer-Pflegereport. Dies wäre gegenüber dem Ausgangsjahr 2019 eine Steigerung um 45 Prozent. Bis 2040 betrage das Plus mit insgesamt 869.000 Pflegebedürftigen knapp 70 Prozent. Um ihre Versorgung müssten sich der Prognose zufolge im Jahr 2030 etwa 67.000 Pflegefachkräfte, 27.000 Pflegehilfskräfte und 52.000 Pflegehilfskräfte ohne Ausbildung kümmern. „Der Bedarf ist und bleibt enorm", betonte Wöhler. Deshalb müssten der Berufsstand attraktiver gemacht, die physisch wie psychisch oft belastende Arbeit auch durch digitale Hilfen erleichtert und der Fachkräftemangel entschlossen bekämpft werden.

Angemessene Bezahlung - und flexiblere Arbeitszeiten

Zu diesem Zwecke sei es richtig, zum Beispiel geteilte Dienste abzuschaffen und den Anspruch auf familienfreundliche Arbeitszeiten einzuführen, erläuterte Wöhler. Auch um Auszubildende müsse nicht nur mit angemessener Bezahlung, sondern auch mit flexibleren Arbeitszeitmodellen gezielt geworben werden. Und die Einrichtungen müssten sich zu beliebten Arbeitgebern wandeln.

Wöhler verwies auch darauf, dass drei Viertel aller Pflegebedürftigen von Angehörigen versorgt werden - in Bayern waren dies im vergangenen Jahr 186.000 Menschen. Jedoch: Fast 60 Prozent der Pflegenden sind selbst schon im Rentenalter. Zudem kommen in den nächsten Jahrzehnten die geburtenstarken Jahrgänge mit wenigen eigenen Kindern in die Pflegebedürftigkeit, und viele Familien leben ohnehin nicht mehr an einem Ort.

Anders als bisherige Vorausberechnungen haben die Experten der Barmer bei ihren Prognosen nicht ausschließlich demografische Effekte berücksichtigt, sondern zudem die Effekte der in den vergangenen Jahren verabschiedeten Pflegegesetze einbezogen. Durch diese steige die Zahl der Anspruchsberechtigten und des benötigten Pflegepersonals zusätzlich, hieß es. dpa


Gute Pflegeberatung

Schnell und lösungsorientiert

Wird jemand pflegebedürftig, ist das mit vielen Fragen verbunden. Betroffene und ihre Angehörigen haben deshalb Anspruch auf eine kostenlose Pflegeberatung. Diese sollte möglichst schnell stattfinden können, erklärt das Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) in einer neuen Checkliste für eine gute Pflegeberatung. Mehr als 48 Stunden sollten Ratsuchende demnach nicht warten müssen.

Im Gespräch informiert der Berater zu Unterstützungsangeboten und begleitet den Ratsuchenden bei der Umsetzung. Dessen Selbstbestimmtheit steht dabei im Mittelpunkt - der Berater hält die eigene Meinung zurück und hilft im Interesse des Pflegebedürftigen. Wichtig sei, dass der Berater Hilfe zur Selbsthilfe gibt - den Ratsuchenden also darin unterstützt, die Organisation der Pflege wenn möglich selbst in die Hand zu nehmen.

Entspricht die Beratung nicht den Erwartungen, sollte man den Berater darauf ansprechen, rät das ZQP. Letztlich hat jeder auch das Recht, den Berater zu wechseln. Wer auf der Suche nach einer Beratungsstelle ist, kann auf eine Datenbank des ZQP zurückgreifen. Das Zentrum hat rund 4500 nicht-kommerzielle Angebote herausgesucht. Durch Eingabe der Postleitzahl findet man Berater in der Nähe seines Wohnortes. dpa