Als wichtige Interessenvertreter ihrer Stadtteile fördern die Bamberger Bürgervereine das Wir-Gefühl, pflegen lieb gewonnene Traditionen, engagieren sich in der Denkmalpflege und kümmern sich im Allgemeinen um Verbesserungen im Stadtteil, die die Lebensqualität erhöhen. All diese Arbeit geschieht ehrenamtlich. Und dieses Engagement gilt es zu würdigen. Anlässlich zur Kirchweihe der Gartenstädter Kirche St. Kunigund haben wir mit dem 1. Vorsitzenden Matthias Neller über den Bürgerverein Gartenstadt, VIII. Distrikt gesprochen. Was ist der geschichtliche Hintergrund der Gründung Ihres Vereins? Der Bürgerverein Gartenstadt wurde am10.März 1951 gegründet und feiert damit in diesem Jahr sein 70-jähriges Bestehen. Leider war eine Jubiläumsfeier in diesem Jahr noch nicht möglich. 58 Bürger traten damals dem Verein sofort bei. Der Bürgerverein wollte Vermittler und Bindeglied zwischen der Bürgerschaft und der Stadtverwaltung sein und ist es auch bis heute geblieben. Damit vertritt der Bürgerverein Gartenstadt – wie alle anderen Bürgervereine auch – überparteilich die Interessen der Bürger des Stadtteils.
Was waren damals beziehungsweise heute die Hauptaufgaben Ihres Bürgervereines?
Der Bürgerverein setzt sich in vielfältiger Hinsicht für Bambergs Stadtteil Gartenstadt und dem Wohl aller dort lebenden Bürger ein. Dieses Engagement ist breit gefächert. Wir möchten in ersten Linie unseren Stadtteil als funktionierende Gemeinschaft erhalten und zwar mit einer guten Infrastruktur. Eine der großen Herausforderungen der letzten Jahre war zum Beispiel, dass wir uns – zusammen mit vielen Vereinen, Verbänden und Geschäftsleuten – für den Erhalt eines Einkaufsmarkts in der Gartenstadt engagiert haben. Mit viel Aufwand ist es so gelungen, dass wir wieder einen Betreiber für den Frischemarkt am Gartenstädter Markt gefunden haben.
Viele aktuelle Themen beschäftigen uns: Einbindung in die Konversionsplanungen der Stadt, offizielle Stellungnahmen als Träger öffentlicher Belange bei Projekten der Stadt oder die Mitarbeit bei der Seniorenpolitischen Planung für die Gartenstadt. Zahlreiche Bürgeranfragen erreichen uns: vom Wunsch einer Spielstraße bis zu kleineren Anfragen und Problemchen. Gleichzeitig halten wir den Kontakt zu anderen wichtigen Akteuren in unserem Stadtteil. Das sind unter anderem die Kirchen, Kindergärten, die Kunigundenschule und viele andere wichtige Vereine und Verbände in der Gartenstadt. Ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis haben wir auch in den letzten Jahren zum Aus- und Fortbildungszentrum Bamberg der Bundespolizei aufgebaut. Ein Netzwerk aus vielen engagierten und interessierten Bürgern kann nur einen Stadtteil am Laufen halten.
Und dann kommen natürlich auch unsere bekannten Veranstaltungen hinzu: Die Gartenstädter Kirchweih, der Faschingszug in der Gartenstadt (als einziger Stadtteilfaschingszug mit größerer Tradition als der große Umzug in der Stadtmitte) und unser traditionelles Johannifeuer Ende Juni. Die Kirchweih mit allen Facetten sorgt natürlich für den größten Organisationsaufwand.
Wie kam es dazu, dass der Bürgerverein die Kirchweih austrägt?
Eine Kirchweih setzt natürlich immer erst eine Kirche voraus. Zum 1. September 1952 erfolgte die Gründung von St. Kunigund. Die Einweihung der katholischen Kirche St. Kunigund erfolgte dann aber erst am 10./11. Oktober 1953 statt. Wir feiern aber nicht nur die Kirchweih von St. Kunigund, sondern sind ein Stadtteil, der die Ökumene schon immer im Blick hatte. Daher feiern wir am ersten Sonntag im August immer auch die Kirchweihe der evangelischen Auferstehungskirche. Diese wurde 1956 eingeweiht. Traditionell übernehmen die Bürgervereine die Organisation der weltlichen Kirchweihfeiern. Natürlich hat der Bürgerverein diese Aufgabe auch in der Gartenstadt übernommen.
Wie hat sich die Kirchweih über die Jahre verändert?
Eine Kirchweihveranstaltung muss sich immer wieder neu erfinden und braucht auch immer wieder neue oder andere Attraktionen. Kirchweihen sind keine Selbstläufer mehr. Dafür ist die Konkurrenz durch andere Veranstaltungen, die oft zeitgleich stattfinden, zu groß geworden. Wir als Veranstalter der Kirchweih müssen alle Veranstaltungen genauso perfekt vorbereiten. Wenn Sie heute punkten wollen und Besucher anziehen wollen, dann ist auch professionelle Werbung notwendig. Sicherlich war aber neben all den vielen kleineren Veränderungen an der Kirchweih die Übernahme des Betriebs des Bierzelts im Schulhof der Kunigundenschule ein erheblicher Einschnitt für uns als Organisatoren der Kirchweih gewesen. Es war nicht unser Wunsch das große Rad mit dem Bierzelt und den Bands selbst zu drehen, aber die Zunft der Bierzeltbetreiber ist mittlerweile nahezu ausgestorben. Denn das Risiko ist entsprechend hoch. Allein ein Regentag an den vier Kirchweihtagen kann den Umsatz und noch mehr den Überschuss erheblich beeinflussen. Mit ein wenig Pech fährt man auch schnell ein Minus ein. red