Im Bundestagswahlprogramm 2021 des Bündnis 90/Die Grünen beinhaltet einige Aspekte zu einer grüneren Landwirtschaft. Bei einem Interview vor seiner ersten Grundsatzrede im Bundestag nannte der neue Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Die Grünen) diesbezüglich drei große Ziele: hochwertigere, aber bezahlbare Lebensmittel; eine höhere Wertschätzung sowie Wertschöpfung der Landwirte und Klima, Umwelt und Artenschutz. Konkreter geht es um eine artgerechte Tierhaltung, vor allem weniger Tiere, weniger Pestizide auf den Feldern und mehr ökologische Flächen. Dies sind Vorhaben für eine bessere Umwelt und Ernährung, die sich aber auch preissteigernd auswirken.
Mehr Tierwohl – neue Ställe
Die Rede ist von mehr Tierwohl – doch was bedeutet das konkret? Tierwohl bezeichnet das Wohlbefinden und die Gesundheit von (Nutz-)Tieren. Genauer gesagt gehören körperliche Gesundheit und das emotionale Wohlbefinden der Tiere, ebenso dazu wie das Normal verhalten. Umgesetzt werden kann dies mit mehr Platz und Licht für jedes Tier, natürlich gestalteten Ställe mit einem Zugang nach draußen, frischer Luft und Stroh.
Den Forderungen müssen aber auch Zahlungen folgen. Denn um solche Regelungen umzusetzen zu können, muss den landwirtschaftlichen Betrieben mehr Geld gegeben werden, da z. B. Ställe umgebaut oder Maschinen angeschafft werden müssen. Die Bauern und Bäuerinnen fordern deshalb mehr Planungssicherheit und Verlässlichkeit, da dies langfristige Entscheidungen sind und bei einer Umrüstung Existenzen auf dem Spiel stehen. Der Präsident der Bayerischen Bauernverbands Walter Heidl sieht das Thema kritisch: Es können nicht ständig Tierhaltungsanforderungen verschärft werden. Zum Beispiel gibt es immer neue Vorschriften für Ferkelerzeuger, aber die schreiben im Moment rote Zahlen. Letztes Jahr haben zehn Prozent der Ferkelerzeuger aufgehört.
Besonders bei den Schweinehaltern sind rasche Handlungen wichtig, viele sind aufgrund der niedrigen Preise der letzten beiden Jahre am Existenzminimum. Auch bei den Milchbauern waren die letzten beiden Jahre finanziell fatal. Der Milchpreis ist zwar deutlich gestiegen, allerdings haben sich die Futter- und Betriebsmittel verteuert, was wieder den Gewinn schmälert.
Aber wie finanzieren?
Özdemir kann sich für die Finanzierung eine Tierwohlabgabe für jedes Kilogramm Fleisch oder eine Reduzierung des Tierbestandes vorstellen. Heidl fordert: „Gerade wenn es um die Stärkung des Tierwohls geht, muss die Ampelkoalition Farbe bekennen und eine solide Finanzierung gemäß der vorliegenden Machbarkeitsstudie auf den Weg bringen.“
Mehr Tierwohl und höhere Gewinne sowie Wertschätzung und -schöpfung der Landwirte und Landwirtinnen bedeutet, höhere Preise für tierische Produkte wie Fleisch, Käse und Milch. Um die Vorhaben bezüglich Tierhaltung und Klima, Umwelt und Artenschutz der neuen Regierung umsetzen zu können, sind landwirtschaftliche Betriebe auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Änderungen sind nur sinnvoll, wenn die Erzeuger weiterhin existieren können. Heidl zu dieser Zielsetzung: „Die Bauernfamilien müssen von der Arbeit auf ihren Höfen leben können und brauchen dringend wirtschaftliche Perspektiven, damit sie ihre vielfältigen Aufgaben für die Ernährungssicherung, Biodiversität oder den Klimaschutz erfüllen können.“ Weiter fordert er: „Wir brauchen von der neuen Bundesregierung jetzt ein klares Bekenntnis zu unseren bäuerlichen Familienbetrieben und ihrer Funktion als grünes Fundament des Landes!“
Die Endverbraucher entscheiden mit
Die Endverbraucher und -verbraucherinnen spielen bei dieser Entwicklung eine entscheidende Rolle, denn letztendlich entscheidet jeder Einzelne, ob er oder sie an der Ladentheke bereit ist, einen höheren Preis für Tierprodukte aus besseren Haltungs- und Lebensbedingungen zu zahlen oder doch zur günstigeren Alternative greift. Für tierische Produkte werden Tiere gehalten, also sollte man sich beim Kauf fragen, wie viel Geld man bereit ist auszugeben, damit es den Tieren sowie den Landwirten und Landwirtinnen besser geht. Tamara Keller
Warum Bio?
Laut dem Öko-Barometer 2021 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft gaben mehr als 90 Prozent der Befragten an, dass regionale Herkunft, artgerechte Tierhaltung, eine gesunde Ernährung und möglichst naturbelassene Lebensmittel die wichtigsten Gründe für den Kauf von Bio-Lebensmitteln sind.
Quelle: www.bmel.de