Zur Dämmerung im Schein der auf- oder untergehenden Sonne auf dem Hochsitz verweilen, Wildtiere beobachten und schließlich noch einen leckeren Sonntagsbraten schießen – so stellt sich der ein oder andere wohl die Freizeitgestaltung eines Jägers vor. Doch das Jägersein bedeutet viel mehr als gelegentlich ein Reh für den eigenen Bedarf zu erlegen.Zum einen geben die zuständigen Landratsämter jährlich Abschusspläne heraus, in denen festgelegt ist, wie viel Schalenwild – worunter unter anderem Reh- und Rotwild zählen – zu schießen ist, um Wildschäden in Land- und Forstwirtschaft zu verringern. Zum anderen ist mit dem Recht zur Jagd gleichzeitig auch die Pflicht zur Hege verbunden.
Für einen artenreichen Wildbestand im Einsatz
„Jagd ist Naturschutz“, erklärt Dr. Helmut Fischer, Vorsitzender des Jägervereins Bad Kissingen 1927 e.V. Der Jäger und Tiermediziner verweist dabei auf das Bundesjagdgesetz, in dem bereits im ersten Absatz als Ziel der Jagd der Erhalt eines gesunden, artenreichen Wildbestandes geschrieben steht.
Dies ist ein sehr komplexes Unterfangen, schließlich machen es die von allen Seiten gestiegenen Ansprüche an die Nutzung der Landschaft einigen Arten schwer, zu überleben. Manche Bestände haben stark abgenommen, andere sind sogar vom Aussterben bedroht.
Die Gründe für den Rückgang einiger Wildtier-Arten sind vielfältig. Veränderungen in Land- und Forstwirtschaft, die zunehmende Freizeitnutzung der Natur, ein stetig steigendes Verkehrsaufkommen und weitere Faktoren haben großen Einfluss auf die Lebensräume der Tiere. Sogenannte Kulturflüchter – also Tiere, die empfindlich auf menschliche Störungen reagieren – leiden besonders unter dem Eindringen von Menschen in ihre Lebensräume. Fischer nennt beispielhaft das Birkhuhn, dessen Bestand in Bayern außerhalb der Alpen so stark zurückgegangen ist, dass es in einigen Regionen sogar gänzlich verschwunden ist. Für Arten wie diese besteht ganzjährig Schonzeit, das heißt, sie dürfen nicht bejagt werden.
Der Bad Kissinger Jäger plädiert eindringlich an jeden, vernünftig mit der Natur umzugehen, denn „wir sitzen alle in einem Boot“.
Was viele nicht wissen: Um dem Artensterben entgegenzuwirken, legen Waidmänner und -frauen unter anderem auch Biotope an. Das Ankaufen der Flächen und Anlegen der neuen Lebensräume für Amphibien und Reptilien wird jedoch in der Regel nicht von PR-Maßnahmen begleitet, weswegen diese Tätigkeit von der Bevölkerung kaum wahrgenommen werde, bedauert Fischer.
Neozoen kurz halten
Doch nicht nur der Mensch, auch tierische Neubürger machen manchen alteingesessenen Arten zu schaffen. Wo Birkhuhn und Hase immer seltener zu finden sind, kommen neue Arten wie Nilgans oder Nutria nach. Manche dieser Tiere besiedeln von sich aus neue Gebiete, andere, sogenannte Neozoen, sind durch den Menschen in die neuen Lebensräume gelangt.
Viele dieser neuen Arten verursachen nicht nur in der Landwirtschaft Schäden, sondern verdrängen auch heimisches Wild, indem sie mit ihm um Nahrung konkurrieren, exotische Krankheitserreger einschleppen oder als Fressfeinde auftreten. Helmut Fischer nennt hier exemplarisch den Waschbär, für den Jungvögel, Amphibien und Reptilien gleichermaßen auf dem Speiseplan stehen und der sich zudem rasant verbreitet. Durch Bejagung solcher invasiven gebietsfremden Arten wird versucht, deren Bestand einzudämmen.
Hilfe bei Wildunfall und Seuchenprävention
Darüber hinaus gehört noch weiteres zu den Aufgaben des Jägers. Sie sind zum Beispiel ehrenamtlich im Einsatz, um verunfalltes Wild von seinem Leid zu erlösen und die toten Tierkörper zu entsorgen. Sie setzen sich für Seuchenprävention ein, indem sie Impfaktionen durchführen oder aufwändige Maßnahmen ergreifen, um die Afrikanische Schweinepest einzudämmen. Sie sorgen für einen gesunden Wildbestand, in dem sie schwache und kranke Tiere entnehmen. Letzteres ist besonders aufgrund der durch den Klimawandel bedingten milden Winter immer häufiger nötig, da die natürliche Selektion der Tiere zunehmend entfällt.
Und nicht zuletzt sind Jäger auch Direktvermarkter von hochwertigen Fleischwaren. Wildfleisch unterliegt sowohl der Lebend- als auch Totbeschau durch den Jäger, bei Schwarzwild kommt zudem noch die Trichinbeschau hinzu. Das bedeutet, der Endverbraucher erhält ein Produkt vom gesunden Tier, welches darüber hinaus noch ein schönes Leben und einen schnellen Tod hatte. „Es gibt nichts Besseres als Wildfleisch“, schwärmt Helmut Fischer. Jessica Rohrbach
Das grüne Abitur
Wer Jäger werden will, muss zunächst die Jägerprüfung bestehen. Diese wird auch „Grünes Abitur“ genannt und besteht aus eine schriftlichen, einer mündlichen und einer Schießprüfung. Voraussetzung sind nach Deutschem Jagdverband ein Mindestalter von 15 Jahren, ein einwandfreies polizeiliches Führungszeugnis sowie die geistige und körperliche Eignung. Zu den Inhalten der jagdlichen Ausbildung gehören Wildbiologie, Jagdpraxis, Brauchtum, Waffenkunde, Wildbrethygiene und Jagdrecht sowie der sichere Umgang mit der Waffe und Schießfertigkeit.