Die ersten schriftlichen Zeugnisse, die die Existenz einer Mühle in Oberhaid bestätigen, liegen im Staatsarchiv Bamberg. In einer Steuerrechnung des Kammeramtes Hallstadt erscheint der Müller Michel Horman der „2 ort vom Rauch“ und „2 ort von der mühl wert“ leisten musste. „Ort“ ist die Bezeichnung für das Viertel einer Münze, in diesem Falle eines Guldens. Das Wort „wert“ bedeutete im Mittelhochdeutschen Insel oder gegen Wasser geschütztes Land. Das hieß der Müller Michl Hormann musste für den Grund und Boden auf dem die Mühle stand einen halben Gulden zahlen, heute würde man wohl von einer Art Besitzsteuer sprechen. Den halben Gulden, den er „vom rauch“ zahlen musste, bedeutete, dass er über eine eigene Herdstätte mit einem Rauchabzug verfügte, also die Mühle bewohnte. Die Mühle war im Besitz der Gemeinde, die daneben noch ein Badehäuslein, ein Hirtenhäuslein und eine Gemeindeschmiede besaß. Im Verlauf der nächsten 40 Jahre muss das Gebäude zerstört worden sein, denn das Ergebnis aus der Bestimmung des Fälldatums des verbauten Holzes (Dendrochronologie) erbrachte für die Fällung der Bäume den Winter 1669/70.
EINE ERBZINSLEIHE DER GEMEINDE
Am Wassergang wurde im Steinsockel die Jahreszahl 1670 eingeschlagen und bestätigt damit das Ergebnis der dendrochronologischen Datierung. Den nächsten schriftlichen Nachweis über die Mühle findet sich um 1700 in einem Urbar des Hochstifts Bamberg. Jetzt ist es der Müller Conrad Reuth, der nun in dem heute noch an dieser Stelle stehendem Gebäude lebte. Die Mühle war nach wie vor ein Gemeindelehen, also eine Erbzinsleihe der Gemeinde.
Das hieß, sie war innerhalb der Familie an die männlichen Nachkommen vererbbar und der jeweilige Besitzer war der Gemeinde lehenspflichtig, er war also verpflichtet Leistungen an den Lehensherren zu erbringen. Waren keine männlichen Nachkommen da, fiel die Mühle wieder an den Lehensherren – die Gemeinde – zurück. Mit der Auflösung des Lehenswesens in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelangte die Mühle in den Besitz von Michael Wagner. Das Gebäude hat im Laufe seiner Geschichte viele Umbauten und Veränderungen erfahren. So wurde zwischen 1808 und 1820 der Mühlenraum umgebaut. 1846 baute man den ursprünglichen Spitzgiebel in ein Krüppelwalmdach um. Diese umfangreiche Umgestaltung der Fassade veränderte auch das innere Raumgefüge.
Am 24. März 2016 kaufte die Gemeinde das Gebäude und begann 2017 mit der aufwendigen Renovierung. Das Ziel war es, so viel wie möglich von der alten Substanz zu erhalten. Ende März 2021 wurde die gesamte Mühle auf 80 Grad Celsius erhitzt, um eine thermische Behandlung der Hölzer vorzunehmen. Damit vernichtete man alle Holzschädlinge, wie zum Beispiel den Holzwurm. Heute präsentiert sich das Gebäude im Erscheinungsbild des 19. Jahrhunderts.
EIN WICHTIGES STÜCK DER DORFGEMEINDE ERHALTEN
Die Gemeinde Oberhaid möchte mit der Sanierung nicht nur ein wichtiges Stück der Dorfgeschichte erhalten, sondern die Gelegenheit nutzen, eine neue Ortsmitte als Treffpunkt für viele Gemeinschaft stiftende Aktivitäten zu schaffen. So soll die historische Mühle wieder mit ihrer Technik und den Einbauten des 18., 19., und 20. Jahrhunderts erlebbar gemacht und durch ein angegliedertes Café mit Eisdiele auch die Bedeutung des gemahlenen Getreides wieder sinnhaft vor Augen geführt werden.
Neben der Mühle wurde der alte Schweinestall zu einem Holzbackofengebäude umgewidmet. Das markante Dach der Mühle mit Schopfwalm wurde nicht ausgebaut. Auch die erhalte ne Ausstattung des Denkmals an Fenstern, Türen und Fußböden macht nach der Restaurierung als authentisches Stück die Vergangenheit des Ortes für die Öffentlichkeit erlebbar. Der von Nordosten Richtung Main geführte Mühlgraben mit erheblichem Gefälle ist über dem Mühlrad überdacht und soll vor der Mühle mit einer ansprechenden Grünfläche offen geführt werden, die zum Rathaus vermittelt, einen Dorfplatz schafft.
Die Gemeinde Oberhaid hat schon vor einigen Jahren mit der Sanierung der historischen Kellergasse in Unterhaid bewiesen, wie restaurierte Denkmäler lebendig in das Gemeindeleben integriert werden können. Die Sanierungskosten betragen rund 1,6 Millionen Euro. Gefördert wurde die Baumaßnahme durch die Städtebauförderung, die Oberfrankenstiftung, den Entschädigungsfonds der Bayerischen Staatsregierung sowie den Landkreis Bamberg. Mit der Einweihung am 6. Juni 2022 wird die Mühle nun der Öffentlichkeit übergeben. red
Sie klappert wieder, die Alte Getreidemühle Anno 1670
Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger, liebe Gäste aus nah und fern!
Am Pfingstmontag findet jähr lich der Deutsche Mühlentag statt. Zu diesem Mühlentag darf ich Sie zum ersten Mal nach Oberhaid einladen.
Im Jahr 2016 hat die Gemeinde Oberhaid die Alte Mühle, gelegen neben dem Rathaus und unweit der Pfarrkirche St. Bartholomäus, erworben und dieses einmalige Denk mal aus dem Dornrös chenschlaf erweckt. Nach vierjähriger Planungs- und Sanie rungszeit ist es jetzt soweit – unsere Alte Mühle kann der Öffentlich keit präsentiert werden.
An dieser Stelle darf ich mich bei meinem Gemeinderat be danken, der dieses Projekt von Beginn an voll unterstützt hat, sowie beim Architekten Mat thias Jacob mit seinem Team für die erfolgreiche Umset zung der Planungen.
Mit einem dreitägigen Müh lenfest wollen wir den Ab schluss der Sanierung gebüh rend feiern. Besuchen Sie mit Ihrer Familie, Ihren Freunden und Bekannten das Oberhai der Mühlenfest. Zusammen mit unseren mitwirken den Vereinen freuen wir uns auf Ihr Kommen.
Glück zu! (Müllergruß)
Ihr
Carsten Joneitis
Erster Bürgermeister