Kündigen oder bleiben? Wer Unzufriedenheit im Job kennt, hat sich diese Frage sicherlich auch schon einmal gestellt. Ein Jobwechsel kann neue Perspektiven eröffnen und eine rundum gute Entscheidung sein. Oder der Wechsel entpuppt sich als Flop, weil im neuen Job schon nach kurzer Zeit wieder die alten Probleme auftauchen oder vielleicht sogar noch größere. Doch wann ist ein Jobwechsel die richtige Entscheidung? Und wann sollte man lieber bleiben? Selten lässt sich diese Frage klar beantworten. Doch es gibt ein paar objektive Überlegungen, die einem die Entscheidung leichter machen können.Dauerstress macht krankWir verbringen bei einer Vollzeitstelle viel Zeit auf der Arbeit – oft sogar noch mehr als mit dem eigenen Partner oder der Familie. Überall erlebt man Höhen und Tiefen, auch als Arbeitnehmer. Wenn jedoch die Tiefen überwiegen und einen über einen längeren Zeitraum hinweg allein der Gedanke an den Job schon stresst, läuft etwas grundlegend schief. Anhaltender Stress kann zu einer Reihe von körperlichen und seelischen Erkrankungen führen, angefangen bei Magen-Darm- oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis hin zu Burnout oder Depression. Grund genug, diesem Zustand schnellstmöglich ein Ende zu bereiten.
Doch zunächst heißt es, den Grund für die Gedanken an einen Neustart herauszufinden. Vielleicht sind es konkrete Dinge wie fehlende Aufstiegsmöglichkeiten oder ein langer Arbeitsweg oder aber auch ein noch unkonkretes Gefühl der Unzufriedenheit. Die Gründe für diese Unzufriedenheit können vielfältig sein. Sie reichen von Über- bis Unterforderung, fehlender Wertschätzung der geleisteten Arbeit, Ärger mit Kollegen oder Vorgesetzten bis hin zu fehlender Perspektive für die Zukunft. Aber vielleicht ist es ja auch einfach nur die Lust auf etwas Neues.
Individuell bewerten
Anschließend geht es an die Bewertung der identifizierten Stressoren und Wünsche. Wie oft und sehr stört mich das eigentlich alles? Und was finde ich andererseits an meinem Job so richtig gut? Was erhoffe ich mir von einer neuen Stelle? Oft gibt es hier zwei Seiten der Medaille, zum Beispiel Stress mit dem Vorgesetzten auf der einen Seite, ein großartiges Team von Mitarbeitern auf der anderen. Vielleicht gleicht auch die hervorragende Work-Life-Balance das niedrige Gehalt aus oder die Nähe zur Arbeit die fehlenden Aufstiegschancen. Jeder Mensch hat unterschiedliche Eigenschaften und Bedürfnisse und misst darum ein und demselben Thema eine vollkommen andere Bedeutung zu. Darum sollte man in diesem Punkt auch nicht auf andere hören, sondern nur auf sich selbst. Womit kann ich leben und womit nicht? Und: Lässt sich etwas an der Situation ändern?
Ein klärendes Gespräch, ein Antrag auf Versetzung an einen anderen Standort, eine gut vorbereitete Gehaltsverhandlung oder auch eine Reduzierung der Stundenzahl oder eine flexiblere Arbeitszeitverteilung – Möglichkeiten gibt es viele, um wieder zu mehr Zufriedenheit mit der Arbeit zu kommen. Wenn alles nichts hilft oder die Verhandlungen ins Leere führen und somit kein Ende des Frusts in Sicht ist, heißt es wohl den Schreibtisch oder Spind räumen und voller Elan rein in den neuen Job. Dabei müssen natürlich die entsprechenden Kündigungsfristen beachtet werden.
Selbstreflexion als Weg zum Ziel
Manchmal jedoch liegt der Frust nicht an den äußeren Umständen, sondern bei einem selbst. Da hilft dann auch ein Jobwechsel nicht weiter, schließlich hat man seine persönlichen Eigenschaften zum Neustart weiterhin dabei. Eckt man mit seiner Art gerne mal an und hat deshalb ein angespanntes Verhältnis zu den Kollegen, wird sich das andernorts wohl bald wiederholen. Auch ein schlechtes Zeitmanagement oder Kompetenzlücken verschwinden bei einem Arbeitsplatzwechsel nicht. Hier sollte man zunächst seine eigene Einstellung zur Arbeit, seine Schwächen und Kompetenzen genauer hinterfragen und daran arbeiten – oder einen kompletten Neubeginn wagen, wenn sich beispielsweise herausstellen sollte, dass die eigenen Fähigkeiten und Interessen doch woanders als im ursprünglich erlernten Beruf liegen. Eine Weiterbildung, Umschulung, ein Studium oder ein Job im gleichen Metier, aber mit anderen Aufgabenschwerpunkten bieten sich hier an.
Hier lohnt ein Wechsel
Über die bereits erwähnten Gründe hinaus gibt es auch noch andere, die für einen Wechsel sprechen. Zum Beispiel, wenn man innerlich bereits gekündigt hat und somit jegliche Motivation für ein aktives Verändern der Situation fehlt. Oder wenn man ein bestimmtes Karriereziel vor Augen hat, denn Karriere und jahrzehntelanges Verharren in einer Firma schließen sich oft aus. Zudem kann ein Jobwechsel auch für einen Perspektivwechsel sorgen. Viele neue Erfahrungen, Kontakte und Aufgabenbereiche halten den Kopf fit und machen den Wechsler flexibler für die sich ständig ändernden Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt. Auch familiäre Gründe wie ein Umzug der ganzen Familie können ausschlaggebend sein.
Unzufriedenheit ist nach Jobwechsel am größten
Doch Vorsicht: Berufliche Unzufriedenheit ist nicht auf den alten Job beschränkt. Besonders häufig tritt sie sogar direkt nach einem Jobwechsel ein. Zum Beispiel dann, wenn die Stelle nicht den eigenen Vorstellungen entspricht. Ein Jobwechsel kann also einige Vorteile haben, sollte aber dennoch gut überlegt sein. Jessica Rohrbach
Richtig kündigen
Die Entscheidung ist gefallen, ein neuer Job soll her. Doch bei der Beendigung des alten Arbeitsverhältnisses gibt es einiges zu beachten. Zum Beispiel die Kündigungsfrist: Normalerweise ist diese im Arbeits- oder Tarifvertrag festgehalten. Falls nicht, gilt die gesetzliche Kündigungsfrist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende des Monats. Allerdings reicht hierfür eine mündliche Kündigung oder ein Kündigungsschreiben per E-Mail nicht aus. Eine rechtsgültige Kündigung erfordert die Schriftform mit handschriftlicher Unterschrift. Außerdem nicht zu vergessen: Nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses steht jedem Arbeitnehmer ein Arbeitszeugnis zu. Falls der Arbeitgeber dieses nicht bereits unaufgefordert aushändigt, sollte man es von ihm anfordern. Sonst fehlt bei der nächsten Bewerbung ein wichtiges Dokument in der Bewerbungsmappe.