Deutschland hat im letzten europaweit statistisch erfassten Jahr 2022 knapp 88 Millionen Hektoliter Bier gebraut (ohne alkoholfreies Bier und Malztrunk). Das ist deutlich mehr als doppelt so viel wie im zweitstärksten EU-Bierland Spanien. Es folgen Polen und Belgien knapp vor Holland auf den Plätzen 3 bis 5 innerhalb der 27 EU-Mitgliedsstaaten. Zum Tag des Bieres wollen wir den Weg der Zutaten bis zum fertigen Produkt nachzeichnen und erläutern, wie es die Brauer und Mälzer schaffen, aus den vier natürlichen Zutaten Hopfen, Malz, Hefe und Wasser so eine ungeheure Vielfalt zu produzieren.
Ohne Landwirte kein Bier
Der Weg des Bieres beginnt auf den Feldern der Landwirte, wo ein- bis zweimal im Jahr Braugerste angebaut wird. Braugerste ist keine spezielle Gerstensorte, sondern bezeichnet Gerste, die für die Bierherstellung geeignet ist. Dabei kann es sich um Wintergerste handeln, die im Herbst gesät und im folgenden Sommer geerntet wird, oder hauptsächlich um Sommergerste, die von März bis zum Sommer auf den Feldern wächst und reift. Bei der Züchtung von Braugerste wird besonderer Wert auf Vollkörnigkeit, feine Spelzen und einen hohen Enzymgehalt gelegt. Ein wichtiges Qualitätsmerkmal ist ein niedriger Eiweißgehalt von 9,5 bis 11,5 Prozent im Korn, sowie hohe Keimfähigkeit und Mindestgröße der Körner. Körner, die diese Kriterien nicht erfüllen, werden als Viehfutter verwendet, was für die Landwirte unrentabel ist.
Wasser bringt Leben ins Korn
Nach der Ernte im Sommer wird die Gerste an Mälzereien geliefert, wo sie zunächst auf Qualität geprüft, gereinigt und sortiert wird. Anschließend wird die frische Gerste eingeweicht und in Keimkästen zum Keimen gebracht, um die für die Stärkeaufspaltung benötigten Enzyme zu bilden. Der Keimprozess wird durch Trocknung unterbrochen, wobei das Grünmalz bei etwa 80 Grad Celsius schonend getrocknet wird und nach dem Trocknen einen leicht süßlichen Geschmack hat. Der Malzzucker, der dabei entsteht, dient später als Nahrung für die Hefekulturen, die Alkohol produzieren.
Hopfen macht die Würze
Hopfen verleiht dem Bier seine charakteristische Würze. Für einen Hektoliter Bier werden 100 bis 400 Gramm Doldenhopfen benötigt. Es gibt Bitter- und Aromahopfen, wobei nur die weiblichen Pflanzen verwendet werden, da sie das wertvolle gelbe Pulver „Lupulin“ enthalten. Hopfen ist eine mehrjährige Pflanze und muss nicht jedes Jahr neu angepflanzt werden. Die Ernte findet von August bis September statt, wobei die Dolden bei etwa 60 bis 65 Grad Celsius gedarrt werden, um die Feuchtigkeit zu reduzieren. Anschließend werden sie belüftet, bevor sie gepresst und verpackt werden, um ihre Struktur zu erhalten.
In der Brauerei kommt alles zusammen
In der Brauerei beginnt der Brauprozess mit dem Maischen, bei dem Malz mit Wasser erhitzt wird, um die darin enthaltenen Stoffe zu lösen. Zu der flüssigen Würze wird Hopfen hinzugegeben und gekocht. Nach dem Abkühlen wird Hefe zugefügt, um den Malzzucker in Alkohol und Kohlensäure umzuwandeln. Nach dem Brauprozess wird das „Jungbier“ je nach Biertyp bis zu drei Monate in Tanks gelagert, um den Geschmack abzurunden, Restzucker abzubauen und Kohlensäure zu binden. Schließlich wird das Bier filtriert und in Flaschen oder Fässer abgefüllt.
Einzigartige Vielfalt
Auch im Jahr 2024 brauen die deutschen Brauer nach dem Reinheitsgebot ihr Bier. Trotz der Beschränkung auf vier Zutaten ist das Endergebnis extrem vielfältig. Laut Deutschem Brauer-Bund e. V. werden hierzulande von über 1500 Braustätten über 40 verschiedene Sorten und rund 7000 einzelne Biermarken produziert. Woher kommt diese Vielfalt?
Schon das Brauwasser in der jeweiligen Region kann den Unterschied ausmachen. Für helle, hopfenbetonte Biere wird in der Regel weiches Wasser eingesetzt, für dunkle und auch für vollere Biere härteres Wasser.
Und auch Hopfen ist nicht gleich Hopfen: Weltweit gibt es über 200 unterschiedliche Hopfensorten, daher bieten sich beim Bierbrauen unzählige Möglichkeiten, den Geschmack die Doldenpflanzen zu kombinieren. Zu etwa 80 Prozent bestimmt der Hefestamm mit seinen Eigenschaften den Geschmack und Geruch des Bieres.
Jürgen Scheibe