Kleiner Crash, richtig großer Unfall oder irgendwas zwischendrin: Hier startet der Stress in der ersten Sekunde. Weil Kopflosigkeit alles schlimmer macht, hilft nur planvolles Vorgehen. Schritt eins ist so logisch wie schwierig: Ruhe bewahren. Oder - wenn vorhanden einen Mitfahrer beauftragen, der Ruhe bewahren kann. Was praktisch ist: Inzwischen offerieren Polizei, Automobilclubs und Versicherer auf ihren Homepages Checklisten, die sich wahlweise vorsorglich oder akut aufs Handy laden lassen oder die ausgedruckt und mit Unfallberichts-Formularen schon mal im Auto deponiert werden können.
Unmittelbar: Absichern und Verletzungen checken
Damit nicht noch mehr passiert: Schnell die Unfallstelle kennzeichnen und absichern. Warnblinkanlage in Gang setzen, Warnweste anziehen, Warndreieck aufstellen - und zwar im Abstand von 50 bis 150 Schrittlängen. Auf Landstraßen mindestens 100 Meter, auf Autobahnen mindestens 150 Meter vor dem Unfallort. Und: Eventuelle Zeugen oder Ersthelfer bitten zu warten. Falls jemand verletzt ist oder nur der Verdacht einer Verletzung besteht: Lage checken, erste Hilfe leisten und Notruf absetzen oder von Helfern absetzen lassen. Bei Dunkelheit unbedingt hell machen: Versicherer empfehlen zusätzlich zur Fahrzeugbeleuchtung eine gelbe Rundumleuchte oder eine Blinkleuchte auf dem Fahrzeugdach.
Wichtig: Personalien austauschen
Die Daten aller Unfallbeteiligten zu klären und festzuhalten ist danach unerlässlich. Laut Polizei und Gesetz sind alle Unfallbeteiligten verpflichtet, am Unfallort zu bleiben, bis alle Daten untereinander festgestellt und ausgetauscht sind. Jeder muss in der Lage sein, Name, Anschrift, Führerschein, Fahrzeugschein und Versicherung zu kommunizieren. Falls das aus unterschiedlichsten Gründen nicht möglich oder schwierig ist, kommt die Polizei ins Spiel.
Unsicherheit? Die Sache mit der Polizei klären
Wann die Polizei gerufen werden sollte, dafür gibt es klare Voraussetzungen. Bei Verletzten, bei hohem Sachschaden, bei ausbleibender Einigung, falls sich ein Unfallgegner unerlaubt von der Unfallstelle entfernt hat oder ein Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen ohne Versicherungsnachweis am Crash beteiligt ist, sollten die Ordnungshüter auf den Plan gerufen werden. Ohne geht's bei eindeutigen Bagatellschäden ohne Verletzte, bei klarer Versicherungssituation und Einigkeit zwischen den Unfallbeteiligten. Beim Anfahren von geparkten Autos reicht nicht nur der Zettel an der Windschutzscheibe: Laut Polizei selbst existiert eine Wartepflicht abhängig von Zeit, Ort und Schadenshöhe. Hat sich innerhalb dieser Zeitspanne niemand gemeldet, darf der Unfall mit allen wichtigen Daten der Polizei gemeldet werden.
Nie falsch: Eigene Beweissicherung
Manchmal ist die opulente Smartphone-Präsenz im Alltag tatsächlich hilfreich: zum Beispiel Dokumentation und hinsichtlich Beweissicherung. Unfallstelle fotografieren mit Übersichtsaufnahme jeweils aus Richtung der Fahrzeuge, Ablichtungen von Bremsspuren, Messpunkten und auch Schäden an den Fahrzeugen ist machbar und sinnvoll. Bei Unklarheiten ist es gut, Zeugen-Anschriften zu notieren. Jede festgehaltene Info kann im Nachgang Gutachtern helfen.
Solange die Erinnerung frisch ist: Unfallbericht erstellen
So schnell wie möglich sollte ein Unfallbericht mit allen Beteiligten erstellt werden. Angaben zu Unfall, Fahrzeug und Person machen aber keine Schuld anerkennen. Und niemals etwas unterschreiben. Bei Unklarheiten und Uneinigkeit: Lieber doch die Polizei an den Unfallort bitten und sich helfen lassen. Versicherer raten dazu, sofort mit der Versicherung in Verbindung zu treten, denn: Hat der Unfallgegner den Unfall komplett schuldhaft verursacht, haftet dessen Kfz-Haftpflichtversicherung in der Regel vollständig für den entstandenen Sach- oder auch Personenschaden. Liegt ein Mitverschulden des Fahrers des eigenen Fahrzeugs vor, wird nur ein Teil erstattet.
So fix wie möglich: Unfallstelle räumen und säubern
Die Unfallstelle muss schnell geräumt werden. Falls Fahrzeuge nicht mehr gefahren werden können, ist Abtransport abgesagt. Unfallbeteiligte müssen gegebenenfalls einen Abschleppdienst beauftragen, den wiederum der Unfallverursacher bezahlen muss. Das finale Säubern der Unfallstelle ist grundsätzlich Sache der Unfallbeteiligten. Nur bei schweren Zusammenstößen und schwierigen Straßenverunreinigungen übernehmen Externe wie beispielsweise die Feuerwehr.
Später: Unfallinstandsetzung
Nach dem Crash dreht sich alles um die Wiederherstellung. Gefragt ist eine fachgerechte Reparatur, damit das Fahrzeug wieder funktioniert und sicher ist. Und um es weiterhin den Richtlinien des Herstellers genügen zu lassen. Ob Kfz-Werkstatt mit Marke oder Karosserie- und Fahrzeugbauer ohne: Wenn nicht wegen Teil- oder Vollkasko eine Vertragsbindung besteht, hat der Geschädigte generell das Recht, sich frei zu entscheiden. Meisterbrief plus verbriefte Professionalität des Betriebes ist dabei allerdings Pflicht.
Reparatur: Wann darf die Werkstatt loslegen?
Wenn der Unfallverursacher komplett haftet, gilt: Bei Bagatellschäden bis circa 1000 Euro erstellt die Werkstatt oder ein Sachverständiger einen Kostenvoranschlag und reicht diesen bei der gegnerischen Versicherung ein. Geht es um eine teurere Reparatur oder um einen Totalschaden, ist ein Gutachten nötig. Die Rechnung dafür zahlt ebenfalls die gegnerische Versicherung. Der Sachverständige ist ebenso frei wählbar. Mit der Reparatur kann die Werkstatt beginnen, wenn Kostenvoranschlag bzw. Gutachten erstellt sind. Im Idealfall liegt schon eine Reparaturkostenübernahme der anderen Versicherung vor. Damit ist klar, dass sie zahlt.
Annette Gropp
Was gilt in Europa?
Bei Reisen und Unfällen im Ausland gilt im Prinzip dasselbe Prozedere wie in Deutschland. Sinnvoll dabei zu haben: ein Formular für den Europäischen Unfallbericht, um den Unfallhergang dokumentieren zu können und die spätere Schadenabwicklung mit der Versicherung zu erleichtern. Die sogenannte Grüne Versicherungskarte zum Nachweis der Kfz-Haftpflichtversicherung ist in den Ländern des Europäischen Wirtschaftsraumes nicht mehr notwendig.