Kulinarische Rituale sind wunderbar. Als christliches und sinnliches Fest definiert sich gerade Weihnachten üppig übers Essen: direkt an Heiligabend – oder auch an den Tagen danach. Weil Weihnachten zwar überall auf der Welt gefeiert wird, die Erde aber zu groß und zu vielschichtig ist für ein einziges globales Weihnachtsessen, gibt’s je nach Standort festlichstes Lokalkolorit zum Snacken und Schwelgen.Heiligabend: Hallo Nachbarn!24. Dezember, abends: Schon in Deutschland ist alles überall anders. Mit und ohne lokale Unterschiede gibt’s als Einstieg in die Heilige Nacht mehrheitlich Würstchen mit Kartoffelsalat, Fondue oder Raclette. Daneben kommen aber auch Karpfen, Ente oder sogar schon vor dem ersten Feiertag die allgegenwärtige Weihnachtsgans auf den Tisch.
In Österreich zum Beispiel serviert man im Vorarlberg Kalbsbrat- oder Metten-Würstel mit Sauerkraut und in Tirol Nudelsuppe mit Würstel. Salzburger Favorit ist Würstelsuppe aus Rindsbrühe und speziell im Pongau, Pinzgau oder Lungau wird am 24. Dezember das sogenannte Bachlkoch verspeist: Hierfür wird Milch oder Wasser mit Mehl vermischt, gekocht und die Creme mit Butter oder Honig verrührt. In der Steiermark und in Niederösterreich wiederum ist der Karpfen in den unterschiedlichsten Variationen heiß geliebt, in Kärnten Selchwürstel mit Sauerkraut und als Nachspeise der Kärntner Reindling als Napfkuchen mit Mohn-Rosinen-Butter. Die Feinschmecker im Burgenland bevorzugen Tafelspitz mit Apfelkren oder auch Räucherlachs. Oberösterreich wiederum bietet auch noch eine Spezialität für nach dem Kirchgang in der Nacht: Die Schnittlsuppe ist eine Brotsuppe mit geschnittenem Schweinefleisch.
Es wird aufgetafelt
In Italien ist der 24. Dezember ein kompletter Arbeitstag, gleichzeitig gilt er bei den mehrheitlich dort lebenden Katholiken als Fastentag. Auf dem Speiseplan steht deswegen gern Köstliches aus dem Meer. Ganz vorne in der Hitliste rangieren Spaghetti Vongole: mit frischen Muscheln, viel Knoblauch, Olivenöl und Petersilie. Und ohne den typischen Panettone danach geht gar nichts. Auch in Frankreich wird an Heiligabend gearbeitet – was die Franzosen aber nicht davon abhält, danach ein mehrgängiges Menü zu zelebrieren. Als Aperitif gibt’s zum Pastis, Champagner oder Crémant Chips, Oliven oder Canapés mit Lachs oder Pastete, dann Austern oder Lachs, danach gerne die umstrittene Gänsestopfleber Foie Gras – und schließlich als Hauptspeise zum Beispiel Dinde aux Marrons, mit Maronen gefüllter Truthahn, oder Ente á l’Orange. Ein Assortiment von Käse rundet das Menü ab, bevor der legendäre Nachspeisen-Marathon startet. Die aus der Provence stammende Weihnachtstradition der Treize Desserts klingt erstmal heftig: Bei der üppigen Auswahl geht es aber nur darum, von jedem etwas zu kosten – weil es Glück bringen soll. Um es leichter zu machen, besteht die französische starke Dreizehn nicht aus Nachspeisen im klassischen Sinne, sondern zum Teil einfach aus Nüssen oder getrockneten Früchte.
Köstliche Weihnachten, Europa!
Rund um die Dreizehn dreht sich auch eine zuckersüße britische Tradition: Symbolisch für Jesus und seine zwölf Apostel stehend – und ebenso für maximales zukünftiges Glück – gehören dreizehn Zutaten in den Christmas Pudding. Unter anderem frische Früchte, getrocknetes Obst, Eier, Butter, Mandeln, Semmelbrösel und ordentlich Brandy, Sherry oder Rum bilden den Teig, der in manchen Regionen immer noch von jedem Familienmitglied von Osten nach Westen gerührt wird – wobei sich jedes etwas wünschen darf.
In Schweden darf beim Julfest auf keinen Fall der Julkorv, eine besondere Bratwurst, fehlen: Auch die hat eine uralte Tradition und angeblich soll deren Zubereitung von der schwedischen Königsfamilie höchstselbst in die Hand genommen werden. In Finnland wiederum gibt es mit dem Joulukinkku einen Weihnachtsschinken. Er wird mit Eigelb, Semmelbröseln und Senf paniert und im Ofen gebacken. Ein Schneeflockenbrot backen an Weihnachten die Isländer: Das Laufabraud ist ein dünnes Fladenbrot, in das Ornamente und Bilder geschnitzt werden. Trotz regionaler Unterschiedlichkeiten steht in Norwegen oft der über mehrere Tage in Natronlauge und Wasser eingelegte Stockfisch Lutefisk oder die gepökelte Lammrippe Pinnekjott und der Weihnachtskuchen Julekake mit Rosinen und Kardamom auf der Speisekarte.
Weltweit: Spät oder Fast Christmas?
Warm statt kalt ist es an Weihnachten in Ägypten, wo die dortigen Christen erst am 7. Januar feiern, weil sie sich als Kopten am julianischen Kalender orientieren. 43 Tage vor Weihnachten beginnt dort die Fastenzeit – die am ersten Weihnachtstag mit Fatta gebrochen wird: ein Brotgericht mit Reis, Fleisch und Knoblauch. Ebenso in Äthiopien: Dort gibt’s Wot, ein traditionelles scharfes Fleisch- und Gemüsegericht, das mit dem Sauerteigfladen Injera aufgelöffelt wird.
Auf der südlichen Halbkugel ist sogar kalendarisch Sommer – weswegen in Australien der Grill geschürt wird. Was an Weihnachten auf den Rost kommt, ist unterschiedlich. Überall beliebt sind aber Steaks, Hühnchen oder auch Meeresgetier wie Garnelen, Hummer und Langusten. Auch Weihnachtsgerichte von der anderen Seite der Welt kommen gern auf den Tisch: Schinken, Truthahn und Huhn gelten als typische Teile von Aussie-Menüs, werden aber kalt serviert.
Und sonst? Gibt’s auf den Philippinen in der Noche Buena Spanferkel, in Madagaskar Huhn-Kokosnuss-Eintopf und in Japan Fried Chicken – garniert mit einer ganz besonderen Geschichte. Schuld am andauernden Hühnerteile-Hype ist demnach eine feierliche Werbekampagne einer prominenten Fastfoodkette in den Siebzigern. Die schnellen Brathühner sind seitdem so beliebt, dass Filialen jedes Jahr schon lange im Voraus Bestellungen aufnehmen müssen. Und zwischen dem 23. und dem 25. Dezember so viele Knusprigkeiten verkaufen wie sonst in Wochen. Knackige Weihnachten! Wer noch mehr über weihnachtliche Gerichte aus Deutschland und aller Welt erfahren möchte, ist herzlich eingeladen, sich durch unser Quiz zu klicken. Einfach QR-Code scannen und schon geht’s los! Annette Gropp