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Struktur geben

Innenputze sind aus der Innenraumgestaltung nicht wegzudenken

Struktur geben

Foto: Dangubic - stock.adobe.com

30.05.2022

Teamplayer oder Solokünstler? Unterschicht oder Außenwirkung? Innenputz ist alles, kann viel und arbeitet immer noch zuverlässig untendrunter als Tapetenhalter, Farbbühne oder Holzunterbau. Aber eben auch als gleichwertiger und mehrdimensionaler Obendrüber-Look für Innenwände und Decken. Dass der Baustoff in unzähligen Varianten und Körnungen zu haben ist, eröffnet komplexe Perspektiven, die Optik und Funktionalität auf besonders kreative Nenner bringen. Welcher Putz was kann und welche Effekte produziert, ist eine kleine Wissenschaft, die spannende Gestaltungsoptionen offeriert.

Putz-Definition

Innenputz ist Innenwandbeschichtung. Unterteilt wird in Grund-, Ober- und Dekorputze. Für Experten ist ein Putz für drinnen jeder glatte, fein- oder grobkörnige Materialmix, der als Pulver oder Paste angeboten und im feuchten Zustand einlagig oder mehrlagig auf die Wand aufgebracht wird, um dort auszuhärten und Struktur zu liefern.

Putze oder Putzmörtel sind gebundene Stoffe: Neben Sand und Wasser enthalten sie wahlweise mineralische oder nichtmineralische Bindemittel wie Kalk, Gips, Zement oder Lehm. Differenziertere Putzarten sind mit zusätzlichen Stoffen angereichert, die Spezialaufgaben haben und im Maler-Jargon Luftporenbildner, Haftverbesserer oder Erstarrungsbeschleuniger heißen. Drin sind oft auch Farbpigmente, Struktur- oder Füllstoffe oder sogar Wirkstoffe gegen Wohnprobleme wie Schimmel oder Algen. Und: Es gibt eine grundsätzliche gesetzliche Normung von Putz, die sich am jeweiligen Bindemittel orientiert. DIN 18550 integriert dabei rein mineralische Putzmörtel wie Kalk oder Gips, DIN 18558 bereits angemischte Kunstharzputze.

Putz-Aufgaben

Putze schützen auch drinnen vor Witterungseinflüssen, Verschmutzung, mechanischen und chemischen Belastungen, bilden Beschichtungsgrund für stabile und stylende Beschichtungen und verbessern die Wohnqualität. Das heißt: Putze arbeiten je nach Schwerpunkt für bessere Feuchtigkeitshemmung, zusätzliche Schall- und Wärmedämmung als auch verstärkten Flamm- bzw. Brandschutz. Wichtig: Wärmedämmputze sind Mixe mit besonders niedriger Wärmeleitfähigkeit. Um entsprechende Werte zu erreichen, werden Zusatzstoffe – wie zum Beispiel Perlite, Vermiculite oder Polystyrol – beigemischt. Beim Bau von Niedrigenergiehäusern und Passivhäusern oder thermischer Sanierung können sie die Dämmeigenschaft des Wandaufbaus verbessern, sind aber als Oberputze und Dekorputze wegen geringer Eigendichte nicht geeignet.

Generell gilt: Mehrlagige Putze mit verschiedenen Putzarten sind Putzsysteme. Weil Putzarten und Putzsysteme nur dann richtig arbeiten, wenn sie ordentlich verarbeitet sind, sollten Experten nicht nur gefragt, sondern auch engagiert werden. Wer selbst Hand anlegt, riskiert falschen Aufbau mit mangelhaften Schichtdicken, fehlendem Halt oder minderer Druckfestigkeit.

Klassische Putz-Formate

Lehmputz gilt als ältester Putz und wurde angeblich schon in der Jungsteinzeit verwendet. Er besteht aus einem Mix aus Lehm und Pflanzenfasern und wird heute auch mit Farbpigmenten oder Perlmutt für Edel-Optik angereichert. Wahlweise glatt oder strukturiert aufgetragen, reguliert er Feuchtigkeit und liefert gesundes Raumklima.

Gipsputz ist der am häufigsten verwendete Innenputz für Wohnhäuser und fungiert oft als Untergrund für jedwede Deko. Das mineralische Material ist feinkörnig, glatt und lässt sich gut verarbeiten. Von Natur aus schwer entflammbar, sorgen atmungsaktive Gipsputze außerdem aus bauphysikalischer Sicht für ein warmes, trockenes und reizarmes Raumklima. Laut Profis ist es ihre Fähigkeit, Wasser zu binden und bei Raumtrockenheit wieder freizusetzen, die nebenbei noch die Brandschutzwirkung erhöht.

Mineralische Kalkputze regulieren Luftfeuchtigkeit, machen prima Klima und verhindern per Alkalität zudem Algen- und Schimmelbildung. Die Kalkputz-Optik hängt von der Körnung ab: Je feiner das Material, desto glatter und softer das Statement. Und: Kalkputz kann bei der Wandgestaltung wahlweise modelliert, gefilzt oder verwaschen werden.

Dekorative Putz-Varianten

Bei mineralischem Fertigputz dreht sich alles um Deko. Kunstharz- oder Dispersionsputz ist ein Innenputz auf Dispersionsbasis und gilt gleichzeitig als Sammelbegriff für nicht mineralische Wand- und Deckenbeschichtungen. Sie werden ausschließlich als Ober- und Deko-Putze verwendet und präsentieren sich komplett ohne Gips, Kalk oder Zement. Als organisches Bindemittel dient eine Polymerdispersion, je nach Variante mit gelöstem Harz, Silikonharz oder Kaliwasserglas kombiniert. Über eine unendliche Auswahl unterschiedlicher Körnungen, Farben und Strukturen bieten Dispersionsputze viele Optionen auf außergewöhnliche Gestaltung. Kunstharz-Varianten wie Buntsteinputz mit Quarzsand, Kies oder Marmorkörnungen sind hier die Füllstoffe, die Pfeilern oder Säulen einen harten, aber coolen Kick verpassen. Faserputz kommt eher auf die softe Art: Die Textil-Komposition enthält neben Mineralien auch Fasern aus Baumwolle oder Viskose und wird in der Regel unmittelbar vor dem Anbringen angemischt. Zur matten Optik kommt noch Funktion: Je mehr Textilfasern und je weicher angelegt, desto besser die schallabsorbierende Wirkung. Streichputz wiederum ist Fertigputz mit Wandfarbe und wird mit Pinsel, Bürste oder Rolle aufgetragen. Über unterschiedliche Werkzeuge, Muster und produktspezifische Mixmöglichkeiten können auch hier kreative Oberflächen gezaubert werden.

Apropos Körnung

Die beste Körnung? Gibt es nicht. Prinzipiell gilt allerdings: Je feiner, desto glatter, dichter und schall- und wärmeisolierender der Putz. Aber auch unterschiedliche Haptik lässt sich über Körnung dosieren und definieren. So haftet grober Putz tendenziell schlechter, lässt sich leichter abreiben und kann durchaus kratzen und verletzen.

Experten unterscheiden oft zwischen negativem und positivem Format. Gemeint ist da die Wölbung der Einzelteilchen: Besitzt Innenputz einen sogenannten negativen Abrieb, offerieren die Körner kaum Angriffsfläche – was das Verletzungsrisiko an neuralgischen Stellen wie Fluren oder Treppenhäusern deutlich senkt. Und was die Optik betrifft? Schönheit ist auch bei den Körnern definitiv Geschmacksache. Annette Gropp

Innenputz: Talentsuche

• Gipsputz: Allrounder, universell einsetzbar, preisgünstig. Nachteil: Verträgt Nässe nur dann, wenn regelmäßige Trocknungsmöglichkeit besteht.

• Kalkputz: Auch für Feuchträume geeignet, diffusionsoffen, optimiert das Raumklima, schützt vor Schimmel. Nachteil: Teurer als Gipsputz.

• Lehmputz: Uraltes Multitalent, reguliert Luftfeuchtigkeit, zieht Schadstoffe und Gerüche aus der Luft, gilt als allergikerfreundlich. Nachteil: Besonders teurer.