Ein Blick auf den Fußballplatz – an einem normalen, coronafreien Sonntag – zeigt die Herausforderung des Sportjournalismus. Wie war es früher? Nach dem Fußballspiel wurde mit dem Gegner gefachsimpelt, ein Bier mit den Teamkollegen in der Kabine getrunken und dann ging es ins Sportheim. Am späten Abend las der Abteilungsleiter die Ergebnisse der Konkurrenz vor, die er telefonisch eingeholt und auf einen Bierfilz gekritzelt hatte. Daraus wurde die Tabellensituation errechnet – mehr Infos gab es erst am nächsten Tag in der Zeitung.Und heute? Die Spieler haben wenige Minuten nach dem Schlusspfiff ihr Smartphone in der Hand, checken die Ergebnisse. Zuschauer wissen fast in Echtzeit über Geschehnisse auf anderen Plätzen Bescheid – inklusive Tabellenstand, Torschützen, Platzverweisen und weiteren wichtigen Statistiken. Am nächsten Tag sind diese Informationen längst ein alter Hut.„Deshalb müssen wir umdenken“, sagt Torsten Ernstberger, Chefreporter der Sport-Redaktion des Fränkischen Tags. Weg von der Ergebnis-Berichterstattung, hin zu packenden, unterhaltenden und überraschenden Inhalten. „Freude, Jubel, Ärger, Wut, Rivalität, Teamgeist – Sport ist weit mehr als das reine Ergebnis. Sport ist Erlebnis, Sport ist Emotion, Sport ist Leidenschaft“, sagt Ernstberger. „Deshalb steht unsere neue Taktik für fundierte, faszinierende und fannahe Sportgeschichten aus unserer fränkischen Heimat.“ Jeder im Redaktions- Team spiele dafür seine Stärken aus, zum Teil auf neu geschaffenen Positionen. Hier einige Aspekte der neuen Ausrichtung:1. Die Kleinen nicht vergessen„Die kleinen Vereine, die in der Vergangenheit oft nur durch Ergebnis, Statistik und Tabelle in der Tageszeitung präsent waren, werden durch die Neuausrichtung nicht aus der Berichterstattung verbannt“, sagt Ernstberger. „Sie sind die Basis des Sports, nicht nur im Nachwuchsbereich machen sie – meist ehrenamtlich – wichtige und tolle Arbeit.“ Das soll sich in menschelnden oder auch überraschenden Geschichten aus dem Amateursport widerspiegeln.
2. Nah dran an den Profisportlern
Daneben werden heimische Profiklubs, so Ernstberger, „in Manndeckung“ genommen. Und erklärt dies am Beispiel Brose Bamberg: Ob auf der Tribüne der Brose-Arena oder vor dem Bildschirm, wenn der neunfache deutsche Basketball- Meister im Ausland unterwegs ist – die Berichte seien aktuell, umfassend, meinungsfreudig und hintergründig. „Wir sind richtig nah dran am lokalen Spitzensport.“
„Unsere neue Taktik steht für fundierte, faszinierende und fannahe Sportgeschichten aus unserer Heimat.“
TORSTEN ERNSTBERGER, Chefreporter Sport
3. Zahlen und Daten
Ballbesitz, gewonnene Zweikämpfe, gelaufene Kilometer – Profisportler analysieren jedes Spiel und richten Training und Strategie danach aus. Dieses Prinzip greift der FT-Sport auf: „Auf einen Blick zeigen wir unseren Usern gerade in unseren Online-Geschichten auf fraenkischertag.de die wichtigsten Zahlen zu ihrem Lieblingsverein, aber überraschen sie auch mit ungewöhnlichen Statistiken“, berichtet Ernstberger. Wie viele Mitglieder haben die heimischen Sportvereine im Corona-Jahr eingebüßt? Gibt es im Amateurbereich immer weniger Fußballteams? Die Sport-Redaktion bereite teils komplizierte Daten übersichtlich und ansprechend auf – für die zahlenverliebten genauso wie für die sportaffinen Nutzer.
57 gedruckte Zeilen umfasste der Artikel, als in der zweiten FT-Ausgabe 1946 erstmals über den Sport berichtet wurde. Mehr Platz stand nicht zur Verfügung in einem Blatt, das zunächst zweimal wöchentlich erschien und oft vier Seiten dünn war. Mit der Zeit erkämpfte sich der Sport mehr Umfang und ist seither unverzichtbarer Bestandteil des Fränkischen Tags. Auch, wenn er sich immer wieder wandelt.
4. Neue Formate
Daneben werden neue Formate geschaffen. Zum Beispiel werden – sobald es die Corona- Lage wieder erlaubt – regelmäßig Trendsportarten wie Wasserski oder Bungee-Jumping getestet. Die Leser seien dank multimedialer Berichterstattung sowie Hintergrundinfos nah dran. „Und falls die Leser auch Lust auf den sportlichen Adrenalin-Kick haben, sagen wir ihnen, wo sie diesen bekommen können“, schildert Ernstberger, dass auch der Service- Charakter ein wichtiger Baustein der Berichterstattung ist.
Doch es gibt nicht nur Action, fester Bestandteil der Zeitung und von fraenkischertag.de sind unter anderem historische Sportgeschichten und Porträts über ehemalige Sportstars. „Hätten Sie zum Beispiel gewusst, dass Kai Nürnberger, einer der besten deutschen Basketballer der 1990er, in den USA wohnt und für eine Lebensmittelkette arbeitet?“, fragt Ernstberger.
5. Ordnung muss sein
Die Sportseiten mit Welt- und Lokalsport hatten in der Zeitung lange keinen Stammplatz und waren zum Teil über das Blatt verstreut. „Doch unsere Abonnenten schätzen eine verlässliche Struktur der Sportseiten. Das gewährleisten wir jetzt“, erklärt der Chefreporter. Von Dienstag bis Freitag mit zwei Seiten Weltsport, einer Seite Regionalsport mit Hintergrundgeschichten der Profiklubs und besten Sportlern der Region sowie einer Seite Lokalsport von der Basis. „Daneben gibt es am Montag weiter Spielberichte – und das sogar auf bis zu vier lokalen Seiten.“ red