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Wie Gutenbergs Jünger digitale Künstler wurden

PLANUNG & HERSTELLUNG: Der über Jahrhunderte gewachsene Beruf des Setzers fiel einem dramatischen Wandel zum Opfer. Doch auch die Nachfahren der mit Setzkasten und Bleilettern hantierenden „Intelligenz-Handwerker“ brauchen ein sehr gutes Auge.

Wie Gutenbergs Jünger digitale Künstler wurden

Heute entsteht eine Zeitungsseite komplett am Computer, um 1950 noch Zeile für Zeile aus Blei. Fotos: FT/Archiv 

23.07.2021

In 75 Jahren kann viel passieren. So auch beim Fränkischen Tag, der nicht nur aus nachrichtlicher Sicht immer wieder Neues präsentierte. So hielten auch im Produktionsalltag immer wieder Neuerungen Einzug, der technische Fortschritt und der damit einhergehende Wandel ließen sich nicht aufhalten. So wurden Berufsbilder über die Jahrzehnte nachhaltig verändert, andere in atemberaubender Dynamik nahezu ausgelöscht. Der Beruf des Setzers ist ein prominentes Beispiel, das wie aus der Zeit gefallen zu sein scheint. Mit der Erfindung des Buchdrucks Mitte des 15. Jahrhunderts brauchte es Menschen, die Druckvorlagen schufen, Manuskripte aus in Blei gegossenen Lettern zu lesbaren, optisch gut gestalteten Paketen schnürten, die in der Druckerpresse zigfach vervielfältigt werden konnten. Weil es für das Setzen der Schriften einer guten Hand-Augen- Koordination bedurfte, einer guten Allgemeinbildung, sehr guten Kenntnissen in Rechtschreibung, einem Händchen für Layout sowie der Fähigkeit, auch auf dem Kopf stehende Texte flüssig zu erfassen, galt der Setzer, der „Jünger der schwarzen Künste“, bald als Intelligenzberuf unter den Handwerken.   

Dem tat auch die Erfindung der Setzmaschine im ausgehenden 19. Jahrhundert keinen Abbruch. Fortan gab der Setzer mit je drei Fingern der rechten und linken Hand über eine Tastatur die vorliegenden Manuskripte in die Maschine ein, die den Arbeitsalltag insofern erleichterte, dass die Druckvorlagen nicht mehr nur Buchstabe für Buchstabe, sondern jetzt auch Zeile für Zeile in passender Spaltenbreite entstanden. Ansonsten änderte sich wenig, was auch am Beispiel des FT deutlich wird, wo der Bleisatz noch bis 1981 Standard war.

Sandseife hat ausgedient

Doch dann wurde diese Jahrhunderte alte Welt regelrecht auf den Kopf gestellt. Es kamen Maschinen für den Fotosatz auf, mit denen einzelne Buchstaben fotografiert wurden. Der FT jedoch wechselte vom Bleisatz direkt zum Lichtsatz, der schon bald auf den Fotosatz folgte und bei dem der Umbruch der Zeitungsseiten nun auf Leuchttischen mit Papier geklebt wurde. Doch auch das hielt nicht lange an, denn seit Mitte der 1990er-Jahre wird das Layout der Zeitung vollständig am Computer erstellt, der die fertige Seite ausspuckt (Ganzseitenumbruch). In der Redaktion machen dies die Redakteure (Blattmacher).

Wo früher mit Setzkästen und giftigen Bleilettern hantiert und am Ende des Arbeitstages Sandseife gebraucht wurde, um die schwarzen Bleirückstände von den Händen zu bekommen, sitzen heute Männer und Frauen vor ihren Bildschirmen – genau wie in Millionen anderen Bürojobs auch. Und doch kommt es im Bereich der „Planung & Herstellung“, wie die Setzerei beim FT seit 2002 heißt, immer noch auf ein sehr gutes Auge und ein ausgeprägtes Gespür für Gestaltung an.

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Die Maschinensetzer tippten die Texte über eine erweiterte Schreibmaschinentastatur ein. Aus einem Magazin fiel eine Matrize für jeden Buchstaben bis eine Zeile fertig war, die dann in einer Gussform mit flüssigem Blei ausgegossen wurde. Fotos: FT/Archiv 
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Der Satz fiel zeilenweise aus der Maschine und wurde vom Metteur, einer Art Blei-Layouter, zu einer Zeitungsseite umgebrochen. Fotos: FT/Archiv

Hier laufen die Fäden zusammen

Zwar verschwanden viele manuelle Arbeitsschritte durch einen hohen Automatisierungsgrad, dennoch bleibt die Arbeit komplex. Die „P&H“ ist das Gehirn des FT, die Schaltzentrale, an der alle wichtigen Informationen zusammenlaufen. Die (Blatt-)Planung/ Disposition ist das Bindeglied zwischen Anzeigenverkauf, Redaktion, Druckerei und Zustellung: Wo stehen die Anzeigen, wie viele Seiten Lokales gibt es pro Ausgabe, welche Umfänge hat die Zeitung? Dies alles organisieren Mitarbeiter der „P&H“ in reibungslos vernetzten Abläufen.

Einen wesentlichen Teil der Aufgaben stellen die Anzeigen dar, die gestaltet und dann in den insgesamt neun Zeitungstiteln der Mediengruppe Oberfranken, aber auch zum Beispiel in den acht Wochenblättern platziert werden müssen. Alle verkauften Anzeigen werden digital erfasst, in ihrer Art unterschieden und disponiert. Unter Berücksichtigung weiterer Aspekte, wie zum Beispiel Wünschen der Redaktion oder dem Text-Anzeigen-Verhältnis und der Jahresplanung, ergibt sich dann der tatsächliche Umfang einer Zeitungsausgabe oder eines Wochenblattes.

Sobald dieser Prozess abgeschlossen ist, werden die digitalen Vorlagen der Zeitungsseiten samt der gebuchten Anzeigen zur Weiterverarbeitung generiert. Sind die Seiten dann mit Texten und Bildern vervollständigt, werden sie nach einer Sichtkontrolle für die Druckerei freigegeben.

1981 wurde der Bleisatz beim Fränkischen Tag vom Lichtsatz abgelöst. Seit Mitte der 1990er-Jahre entstehen die Zeitungsseiten komplett am Computer.

Kundenorientiert und effizient

Neben den Anzeigen und Bannern für die Verlage der Mediengruppe Oberfranken werden seit mehreren Jahren auch Anzeigen für mehrere externe Kunden aus ganz Deutschland produziert. Die Anzeigen werden von den Mediengestaltern in höchster Qualität und Effizienz in den verschiedensten grafischen Programmen gestaltet, die gelieferten Kundendaten reprotechnisch bearbeitet, um ein optimales Druckergebnis zu erreichen. Dieser „papierlose“ Arbeitsablauf ist sehr kundenorientiert aufgebaut, um die Korrekturwünsche der Auftraggeber schnellstmöglich zu bearbeiten. red