Beim Begriff „Craft Bier” stößt man gleich auf Vorurteile und Klischees: Das ist doch dieses extravagante fruchtige Bier, ein Trend aus Amerika, ein Getränk für junge Leute von jungen Brauereien, die gerne experimentieren, fernab vom Reinheitsgebot. Doch hinter dem Bierbegriff steckt viel mehr Genuss and Tradition als man glauben mag.
Craft Bier kaum ein anderer Name hat die Bierwelt so sehr gespalten wie dieser. „Geh mir fort mit dem modischen Fruchtbier”, sagen die einen. „Oh, leeker, IPA, Pale Ale, Stout!”, sagen die anderen. Aber was ist Craft Bier eigentlich? Um eine befriedigende Antwort auf diese Frage zu finden, habe ich traditionelle fränkische Craft-Bier-Brauereien besucht und ihnen beim Brauen über die Schulter geschaut.
Was ist eigentlich Craft Bier?
„Craft Beer ist nichts anderes als hochwertiges und handwerklich hergestelltes Bier. Es ist kein Bier für die Breite Masse, sondern ein Bier, wie es sich der Braumeister persönlich vorgestellt hat”, erklärt Tim Zenglein, Biersommelier von Weyermann in Bamberg. Weyermann hat mit seinen Craft Bieren internationale Awards gewonnen. Constantin Förtner, Braumeister von Weyermann, fügt hinzu: „Craft Beer ist ein neumodisches Wort und steht letztendlich für das Bier, was wir fränkischen kleinen Brauereien brauen. Vielleicht steckt in den Biersorten etwas mehr Ideenvielfalt und Kreativität, aber selbst das Reinheitsgebot ist für mich ein Teil von Craft Beer.”
Fast alle deutschen Craft Biere sind nämlich nach dem Reinheitsgebot gebraut. Und trotzdem gibt es tausende unterschiedliche Geschmacksrichtungen. Fruchtig, malzig, rauchig und vieles mehr. Und das, obwohl es fürs Bier nur wenige Grundzutaten gibt: Wasser, Malz. Hopfen, Hefe. Weyermanns Braumeister erklärt dazu: „Es gibt über: 85 verschiedene Sorten Malz - Basis-, Spezial-, Karamellmalze und viele mehr-, über 300 Hopfensorten und die unterschiedlichsten Hefearten. Allein aus dieser breiten Masse gibt es unzählige geschmackliche Möglichkeiten.” Man könnte theoretisch jedem Menschen auf der Welt ein eigenes Bier brauen.
Die Franken und das Craft Bier
Weiter geht es zur Brauerei Kundmüller, die mit ihren Weiherer Sondersud-Serien schon jede Menge internationale Craft Beer Awards gewonnen haben. Oswald Kündmüller, Biersommelier, sagt über Craft Bier: „Die meisten denken bei Craft Bier an IPA, also India Pale Ale, oder Pale Ale. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Jedes unserer Biere, auch unsere Klassiker wie das Lager oder das Weizen, sind Craft Biere, weil wir hier noch jedes Bier handwerklich herstellen.” Die beiden Brüder verwenden bei ihren Bieren gern die unterschiedlichsten Hopfen- und Malzsorten. „Jeder Hopfen hat eine andere Geschmacksrichtung. Allein mit dem Hopfen kann man schon viel Fruchtaromen ins Bier mit reinbringen.”
Wie wurde Kundmüllers erstes IPA von den Franken eigentlich aufgenommen? Oswalds Bruder Roland Kundmüller, Braumeister, erinnert sich: „Das war 2013, als wir unser erstes India Pale Ale herausgebraucht haben. Ich weiß noch, dass ich starken Zweifel hatte, ob das Bier angenommen werden würde, deswegen habe ich es nicht so bitter gemacht.” Doch es kam anders: „Die Leute waren begeistert! Das Bier ging sehr schnell weg. Wir haben dann noch etwas am Maische-Verfahren verändert, damit es im Nachgang noch schlanker wird.” Das IPA von Kundmüller ist noch heute ein gern getrunkenes Sondersud-Bier.
Craft Bier - eine echte Handwerkskunst
Georg Rittmayer hat ebenfalls für sein Bier zahlreiche internationale Awards gewonnen. Er arbeitet bei seinem weniger mit der Vielfalt des Hopfens und des Malzes, sondern bringt allein durch unterschiedlichste Hefe-Sorten eine Vielzahl an Aromen ins Bier. ,,Die Hefe vergessen die meisten Brauer", so der Braumeister. „Mit den unterschiedlichsten Hefe-Stämmen kann man die verschiedensten Sorten Bier herstellen. Die eine Hefe bringt Fruchtigkeit ins Bier, die andere wieder ein ganz anderes Aroma.” Was macht für ihn ein gutes Bier aus? Georg Rittmayer: „Bei einem guten Bier muss man erkennen können, dass der Braumeister etwas Eigenes und nichts Nachgemachtes gebraut hat. Es muss auch seine eigene Linie erkennbar sein, wenn er mal etwas Neues ausprobiert.” Gutes Bier ist eine Handwerkskunst, das zeigt sich auch bei Rittmayers Arbeit. „Beim Brauen mit der Hefe braucht man Fingerspitzengefühl. Denn Hefe ist ein Lebewesen, und wenn sie sich vermehrt, entsteht eine neue Mischung. Wenn sich dann noch das Malz als Naturprodukt verändert, dann kann am Ende ein ganz anderes Bier herauskommen.”
Eine Zusammenfassung
Was ist also Craft Bier? Die Suche nach der Antwort hat mich durch die weite Welt des Bieres gebracht. Craft Bier ist ein von Hand gebrautes Bier, in dem noch die Kunst des Braumeisters zu schmecken ist. Es ist ein Bier für Bierkenner, ein Bier, das wir alle schon getrunken haben. Denn am Ende ist doch jede kleine fränkische Brauerei eine Craft Bier Brauerei. Lukas Pitule
Wann darf es welches Bier sein?
„Bei den Besuchen in der Brauerei und bei den Gesprächen mit den Braumeistern habe ich vor allem eines gelernt:. Für jedes Essen gibt es ein passendes Bier. Zu einem deftigen Braten passt ein gutes malziges Bier, ein Bockbier und ein dunkles Urstöffla. Zu einem scharfen Essen schmeckt hervorragend ein IPA. Ein Imperial Stout mit seinen Kaffee- und Schokoladennoten passt gut zum Nachtisch wie Vanilleeis oder Kuchen. Zu einem Fisch passt etwas Leichtes wie ein Pils. Zu einer Pizza schmeckt ein Weizen oder ein helles Lager. Zu einer guten Brotzeit sollte man zu einem fränkischen Rauchbier greifen.”
Lukas Pitule
Multimedia-Redakteur
Rittmayers 1422
Der Name erinnert an das Entstehungsdatum der Brauerei und ist Rittmayers Festbier. Aber es steckt noch mehr dahinter: Es ist ein unfiltriertes Helles mit feiner Hefe. Dadurch, dass es unfiltriert ist, hat es noch einen vollmundigeren Geschmack als ein herkömmliches Helles. Ein Bier, das zu jeder Gelegenheit passt.
Weyermann Nr. 1 „Schlotfegerla” WAL
Weyermanns Rauchbier kommt als vollmundiges, dunkles Bier ins Glas und ist ein guter Begleiter zu Fleischgerichten oder Schinken. Im Glas kann man den Duft von Buchenholz-Rauchnoten erkennen, aber auch Spuren von Espresso. Geschmacklich machen sich feine Rauchnoten breit, werden aber unterstützt von dunkler Schokolade, Brotkruste und Malz.
Weiherer Summer Ale
Der Sommer in der Flasche. Hier treffen sieben Hopfen-auf drei Malzsorten. Im Duft verführen harzige Pinie mit leichtem Karamell. Der Geschmack ist angenehm fruchtig-hopfig, unterstützt von feinen Bitterstoffen. Es passt wunderbar zu einem scharfen asiatischen Gericht oder, um schlicht einen schönen Sommerabend zu genießen. Passt aber nicht nur im Sommer.
Rittmayers Smokey George
Gebraut mit schottischem Torf-Malz, das eigentlich für Whisky hergestellt wird, ist das Smokey George ein einzigartiges Rauchbier weitab klassischer Vertreter. Man kann den Torf förmlich riechen, aber unterstützt wird der Duft von leichten fruchtigen Noten. Man schmeckt das Rauchig-torfige, das stark an den Genuss von schottischem Whisky erinnert. Es passt ideal zu geräuchertem Fisch, Schmorbraten, Wild oder Haggis.
Weyermann Nr. 14 ,,India Pale Ale"
Gebraut mit vier verschiedener Hopfensorten versprüht das Bier eine fruchtige Vielfalt an Aromen. Zitrusnoten und tropische Früchte kann man nicht nur riechen, sondern auch schmecken. Die darauf folgenden Bitternoten gleichen diese Süße aus und machen das Bier zu einem runden Erlebnis. Es passt zu Barbecue und zu scharfen Gerichten.
Weiherer Lager Hell
Dieses Bier passt zu jedem Genießer. Getreidige Malznoten schmeicheln die Nase und gleichzeitig im Geschmack auch den Gaumen. Unterstützt wird das Bier vom frischen Hopfen und einer leicht herben Bitternote. Es passt zu allem, ob nun ein guter Braten oder eine einfache Brotzeit. Und natürlich darf es bei einem Keller-Bescuh in einer geselligen Runde nicht fehlen.
Helles: einfach, geradlinig, anspruchsvoll
Die beliebte Biersorte ist bayerisches Kulturgut, unkompliziert im Geschmack und gleichzeitig die Königsdisziplin des Bierbrauens.
War das helle Lagerbier in der Vergangenheit noch als Maurer- oder Handwerkerbier verschrien, erlebt das süffige Blonde seit ein paar Jahren eine Art Wiederauferstehung. Mittlerweile ist fast jedes zehnte Bier, das im Handel in ganz Deutschland verkauft wird, ein Helles und in Bayern ist es längst allgegenwärtig, ob im Biergarten, in der Wirtschaft oder zuhause in geselliger Runde unter Freunden.
Zeit also, das untergärige Lagerbier mal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen und um sich die Frage zu stellen, was dieses mild-malzige Bier auszeichnet, bzw. was es von den anderen Bierstilen unterscheidet.
Ein Helles ist unkompliziert im Geschmack, aber nicht langweilig. Charakteristisch ist das gut ausbalancierte Verhältnis von Hopfen und Malz. Da das Hopfenaroma nur schwach durch kommt, ist die Bittere ausgesprochen mild.
In eben dieser "Unauffälligkeit" liegt das Besondere dieses Bieres und gleichzeitig auch das Komplexe im Bezug auf den Brauprozess - im Unterschied zu seinen Verwandten wie Pils, Export oder Kellerbier.
Das Helle ist einfach geradlinig. Die schwache Hopfung und der leichte Geschmack mit einer dezenten Süße des Malzes verleiht dem Bier eine gewisse Eleganz und vor allem Reinheit.
Bei Pilsener Bieren kann durch den massiven Einsatz von Hopfenbittere so mancher übereilte Produktionsschritt oder eine unsachgemäße Lagerung, wie z. B. durch Hitze bei intensiver Sonneneinstrahlung, schon mal kaschiert werden.
Ein anderer Verwandter, das Export, wird stärker eingebraut, wodurch sein Geschmack vollmundiger und etwas bitterer ausfällt, was auch den ein oder anderen "Fehlgeschmack" überdeckt.
Die obergärigen Weizenbiere dagegen verzeihen durch ihre ausgeprägten fruchtigen Noten so einiges.
Ein Bier, das nichts verzeiht
Ein Helles dagegen steht da, wie es ist und kann nichts verstecken. Hier will jeder Produktionsschritt wohl überlegt sein und eingehalten werden: Die Auswahl der Rohstoffe, der Brauprozess, die kalte Gärung, die lange Lagerung, sowie die schonende und sauerstofffreie Abfüllung. Aus Brauwasser, Gerstenmalz und Hopfen entsteht hier ein Produkt, dass schlichtweg keinen einzigen Fehler verzeiht.
Damit reiht es sich zurecht ein in die Liste guter, handwerklich hergestellter Lebensmittel, wie z. B. einem urigem Sauerteigbrot oder einem lang gereiften Bergkäse. Im ersten Anschein banal, beim genaueren Hineinschmecken komplex und einzigartig gut.
Mit anderen Worten: ein wahrhaft bayerisches Kulturgut. Wobei die Geschichte des Hellen Ende des 19. Jahrhunderts ursprünglich im Norden Deutschlands gestartet ist, aus der Angst heraus, es könnte in der bayerischen Heimat ein Flop werden. Es kam anders und so ist das kühle Blonde heute in Bayern in den Biergärten und Bierkellern zuhause wie kein anderes.
Kulturgut in der Euroflasche
Das Helle ist gleichzeitig auch ein "Flaschenbier", das man zum Feierabend genießt und womit man gemeinsam mit Freunden auf den Abend anstößt. In diesem Zusammenhang spielt auch die Flaschenform eine nicht zu unterschätzende Rolle. So ist mit der Renaissance des Hellen auch die klassische Euroflasche wieder mehr und mehr auf den Markt zurückgekehrt.
So auch bei der Bamberger Familienbrauerei Kaiserdom. Als exportstarke Brauerei bekannt, startete sie vor zwei Jahren mit dem ihrem neuen regionalen Sortiment in der Euroflasche, zu dem auch ein Helles gehört. Und auch hier beweist die Privatbrauerei Stärke in Qualität und Know-How. Frisch gebraut im neuen Niedrigenergie-Sudhaus, wurde das Kaiserdom Helle 2020 auf Anhieb mit dem Bronze Award beim European Beer Star ausgezeichnet, einem der renommiertesten Bierwettbewerbe weltweit.