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Ein Mix aus Effizienz, Ethik und Qualität

Schweinebauern stehen vor großen Herausforderungen. Eine davon ist das Schachten ihrer Tiere - vor allem das Wie und Wo.

Ein Mix aus Effizienz, Ethik und Qualität

Seit Jahren schrumpft der Schweinemarkt - und es gibt immer weniger Schlachtstätten. Das stellt Schweinebauern vor Probleme.  Foto: davit85/stock.adobe.com

23.03.2023

Wie viel kostet es eigentlich, ein Schwein zu schlachten? Auf den ersten Blick scheint es ein kurzer Vorgang zu sein, der nur einen begrenzten finanziellen Aufwand erfordert. Doch bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass hinter dem Schlachtprozess viel mehr steckt als man denkt. Nicht nur der Vorgang an sich, sondern auch das komplexe Drumherum muss bezahlt werden.

Schweine-Markt

Auf dem Schweine-Markt sind Erzeuger, die selbst schlachten, mittlerweile eine Seltenheit. Stattdessen verkaufen sie lebende Schweine an Metzgereien oder Viehhändler. Die Preisfindung erfolgt dabei in einem wöchentlichen Diskurs zwischen Vermarktern und Schlachtstätten. Allerdings sind die staatlich veröffentlichten Preise rückwärtsgerichtet: Es werden die Preise der zurückliegenden Woche veröffentlicht, die durchschnittlich erzielt wurden. 

Dies hat jedoch nichts mit dem eigentlichen Schlachtprozess und den damit verbundenen Kosten zu tun. Wer das ausgelagerte Schlachten in Auftrag gibt, bezahlt nicht nur den Vorgang selbst, sondern auch den Transport der lebenden Tiere zur Schlachtstätte und anschließend den Transport der geschlachteten Tiere zur eigenen Verarbeitung oder zum vertraglichen Verarbeiter. Dabei spielen auch gesetzliche Auflagen, wie zum Beispiel Hygienevorschriften und Tierschutzbestimmungen, eine wichtige Rolle und können zu zusätzlichen Kosten führen.

Schlachtstätten-Schwund

Warum immer mehr Erzeuger und Verarbeiter aufgeben? Der Rückgang der Schlachtstätten wird oft mit einem schrumpfenden Markt, mit steigenden Kosten und Komplikationen begründet - von der Züchtung über die Mast bis zur Verarbeitung. Dazu kommen EU-Normen und der hohe Aufwand bei der Umsetzung von technischen und hygienischen Anforderungen, die dafür sorgen, dass das Aufwand-Erlös-Verhältnis nicht mehr stimmt. 

Doch es gibt auch einen psychologischen Faktor: Der Ton in der Gesellschaft sei rauer geworden: Viele Klein-Unternehmen können die Shitstorms rund um den Fleischverzehr nicht mehr ertragen. Rund um Bamberg (Radius rund 100 Kilometer) gibt es derzeit etwa - ohne große Schlachthöfe - zirka 60 gemeldete Schlachtstätten von Direkt-Vertrieblern, Gasthöfen, Metzgern oder Metzgerei-Gasthöfen. Der Auflösungsprozess ist jedoch noch nicht abgeschlossen.

Schlacht-Varianten

Tierwohl versus Wirtschaftlichkeit: Die Wahl der Betäubungsmethode auf Schlachthöfen ist seit Jahren ein umstrittenes Thema. Einerseits gibt es die CO2-Betäubung, die ökonomisch effizienter ist und in Gruppen abgehandelt werden kann, andererseits die Elektrobetäubung, die für jedes Tier separat durchgeführt wird, aber als tierfreundlicher gilt. Tierschützer kritisieren die CO2-Betäubung und monieren, dass die Schweine qualvoll ersticken. Eine Studie der deutschen Hochschule Weihenstephan-Triesdorf bestätigt dies und zeigt auf, dass CO2 in der Einleitungsphase zu ausgeprägter Atemnot und Erstickungsgefühl führen kann. 

Erzeuger sehen jedoch auch einen Vorteil bei der CO2-Betäubung, da Schweine Gruppentiere sind und sich auch während der Betäubung in vertrauter Tuchfühlung befinden. Bei der Elektro-Variante verliert das Schwein beim korrekten Ansetzen der Zange sofort das Bewusstsein, jedoch muss jedes einzelne Schwein in eine einzelne Box, was Stress und emotionale Belastung für das Tier bedeutet. In der Regel greifen kleinere Schlachtstätten auf die Strombetäubungsmethode zurück, ebenso wie Schlachtmobile, welche das Schlachten und das erste Verarbeiten des Fleisches in einer mobilen Schlachteinheit auf Rädern durchführen. 

Preis-Chaos

Preisvergleiche gestalten sich derzeit schwierig, da die Gebühren von Schlachtstätte zu Schlachtstätte und sogar innerhalb desselben Betriebs variieren. Die Unterschiede resultieren aus der unterschiedlichen Kostenstruktur, dem Dienstleistungsangebot und der Fleischbeschau, die jeweils vom Betrieb abhängen. Große Schlachthöfe können aufgrund ihrer wirtschaftlichen Auslastung günstigere Konditionen anbieten und profitieren von Großaufträgen. 

Dies kommt sowohl Metzgern, Landwirten als auch Kleinkunden zugute. In Genossenschaftsmodellen wie bei Metzger-Schlachthöfen mit GmbH-beteiligten Erzeugern zahlen Mitglieder in der Regel weniger, während Nicht-Mitglieder mehr zahlen müssen. Freie, kleinere Schlachtereien sind hingegen in der Regel teurer, da sie ihre Investitionen und laufenden Kosten anders umlegen müssen. Hier spielt Idealismus eine große Rolle: Weniger Fahrerei und alternative Schlacht-Varianten kosten zumindest weniger Stress für alle Beteiligten.

Schlacht-Mobilisierung

In den letzten Jahren sind alternative Schlachtmethoden wie fest installierte Klein-Schlachtstätten und mobile Schlachteinheiten immer beliebter geworden. Die Schlachtmobile arbeiten ebenfalls mit Strom, reduzieren aber den Stress für das Tier und alle Beteiligten, da das Tier bis zum Schluss in einer vertrauten Umgebung bleibt und nicht transportiert werden muss. Schlachtmobile sind jedoch nicht nur für Kleinanbieter und Direktvermarkter interessant, sondern auch gesetzlich geregelt: Laut EU-Norm dürfen bis zu sechs Schweine pro Bauernhof oder Mastbetrieb auf diese Art und Weise geschlachtet werden, wie das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) erklärt.

Förder-Möglichkeiten

Da auch in Regierungskreisen verstanden wurde, dass die Schlachtung einen erheblichen Einfluss auf die Fleischqualität hat, werden nun Förderinitiativen gestartet. Eine davon ist die Aktion "Region. Tradition. Innovation", die seit 2021 Landwirte, Metzger und Schlachtbetriebe auszeichnet, die sich für den Erhalt der regionalen Infrastruktur einsetzen. Dabei spielt auch eine tierschonende Schlachtung im Herkunftsbetrieb eine Rolle. Eine weitere Initiative, das Projekt Heimatversprechen, zielt auf den Aufbau eines Netzwerks in der bayerischen Schweinebranche ab, um eine nachhaltige und heimische Schweinefleischerzeugung sicherzustellen, auch in Krisenzeiten. 

Hierbei geht es um die Verbesserung des Zusammenspiels von Produktionskostensteigerung, Absatzsicherheit und Tierwohl. Der bayerische Staat unterstützt das Projekt mit einer Förderung von knapp 700.000 Euro. Auf bundesweiter Ebene will die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung wirtschaftliche Anreize schaffen, um die Fortführung von landwirtschaftlichen Betrieben sowie regionalen Schlachthöfen zu fördern. Dabei werden innovative Produkte, Verfahren und Dienstleistungen zur Verbesserung der Mobilität gefördert, darunter Projekte zur Stressreduzierung vor der Tötung, zur Untersuchung der Fleischqualität oder digitale Lösungsansätze für unterschiedliche Prozesse.

Struktur-Wandel statt Struktur-Bruch?

Im Hinblick auf die Verzögerungen durch die EU-Zulassungen hat das Bundeslandwirtschaftsministerium angekündigt, sich gegebenenfalls auf EU-Ebene dafür einzusetzen, die Regelungen weiter zu flexibilisieren. Es ist allgemein bekannt, dass sowohl Erzeuger als auch Verbraucher von der aktuellen Situation betroffen sind und der Bedarf nach einer Lösung besteht. Die Erzeuger sind der Ansicht, dass sie aufgrund der Gesetzgebung der letzten 20 Jahre gezwungen wurden, zwischen Wachsen oder Weichen zu wählen, da die Auflagen entweder auf Größe oder Masse beschränkt waren oder gar nicht erfüllt werden konnten. 

Die Vision von einem flexiblen und vielfältigen Netzwerk aus Klein-Schlachtstätten und Großschlachthöfen, das Effizienz, Ethik und Qualität kombiniert und dabei existieren kann, ist mit Kosten verbunden, die gerecht verteilt werden sollten. Die Förderung von Kreativität und Innovationen ist ein möglicher Ansatz, aber es wird kritisiert, dass ohne eine Aufweichung der bremsenden Überregulierung durch die Europäische Union keine zielführende Lösung erreicht werden kann. 
Annette Gropp