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Was tun mit männlichen Küken?

Männliche Küken dürfen in Deutschland nicht mehr getötet werden - doch was sind die Alternativen, gibt es Schlupflöcher und wohin mit den Hähnen?

Was tun mit männlichen Küken?

Glückliche männliche und weibliche Masthühner - hoffentlich ein Anblick, den man in Zukunft auch ohne Schlupflöcher - häufiger zu Gesicht bekommt. Foto: Paco/stock.adobe.com

23.03.2023

Seit dem 1. Januar 2022 dürfen männliche Küken in Deutschland nicht mehr getötet werden. Im § 4c des Tierschutzgesetz heißt es: „Es ist verboten, Küken von Haushühnern der Art Gallus gallus zu töten." Damit war Deutschland Vorreiter - kein anderes Land der Welt hat bisher ein solches Verbot erlassen. Zuvor wurden männliche Küken von Legerassen kurz nach dem Schlüpfen reihenweise geschreddert. Teilweise wurden sie auch als Eintagsküken vergast und als Tierfutter für Schlangen, Vögel oder Katzen an private Haustierbesitzer, Zoos und ähnliches verkauft. Bis zu 45 Millionen männliche Küken wurden so jedes Jahr in Deutschland beseitigt. 

Für Masthühner trifft dies nicht zu, da dort beide Geschlechter zur Mast verwendet werden. Doch männliche Küken und Legehennenrassen sind für die Fleischproduktion unrentabel, da männliche Hühner keine Eier legen und Legehennen nicht genug Fleisch ansetzen. Diese Praxis war bei allen Haltungsformen gang und gäbe - auch bei Bio-Produkten. Doch was passiert mit ihnen, wenn sie nicht mehr getötet werden? Entweder wird das Geschlecht des Kükens schon im Brutei bestimmt und dann vernichtet, falls es einen männlichen Embryo enthält oder das Küken wird aufgezogen.

Schlupfloch: Ausland

Im Ausland können die männlichen Küken nach wie vor getötet werden - was auch tagtäglich weiterhin passiert und für deutsche Betriebe ein kleines Schlupfloch darstellt, da die Küken so im Ausland schlüpfen können und dann erst nach Deutschland zum Eierlegen verfrachtet werden. Verkauft werden diese Eier dann als deutsche Eier - das heißt auch, dass trotz des neuen Gesetzes weiterhin Küken für deutsche Eier getötet werden. Ab dem 1. Januar 2024 soll die Bestimmung des Geschlechts im Brutei bis zum siebten Bruttag vorgenommen werden, um zu verhindern, dass die Embryonen durch diese Bestimmung Schmerzen empfinden. Denn ab dem siebten Tag besitzen die Küken bereits ein Schmerzempfinden. Aktuell werden verschiedene Methoden erforscht, um eine schmerzfreie Geschlechterbestimmung im Brutei vorzunehmen und es, falls es sich um ein Männchen handelt, nicht weiter auszubrüten. Bei allen aktuell gängigen Verfahren erfolgt die zwischen dem 9. und dem 15. Bruttag.

Bruderhähne und Zweitnutzungshuhn

Doch was kann ich als Verbraucher tun, um diese Verfahren nicht zu unterstützen? Die einfachste Lösung ist seinen Eier- und Geflügelkonsum zu hinterfragen und gegebenenfalls einschränken. Für alle, die auf ihr geliebtes Frühstücksei und Co. nicht verzichten wollen, gibt es verschiedene bundesweite und regionale Initiativen, die alle den gleichen Hintergedanken haben: Die Brüder der Legehennen aufziehen und die Kosten dafür auf den Eier-Preis der Schwestern aufschlagen. Durch die Preiserhöhung, von im Durchschnitt vier Cent pro Ei, wird das Futter und die Unterbringung der Hähne mitfinanziert. So ist die Aufzucht der männlichen Küken auch mit einer längeren Mastzeit für Landwirte und Bauern rentabel und der Fleischpreis der Hähne bleibt konstant. 

Bundesweite Initiativen sind bspw. die ,,Bruderhahn Initiative Deutschland" von Demeter und Bioland, ,,haehnlein" von denn's Biomärkte, Alnatura, Edeka, und weiteren, ,,Spitz & Bube" von Rewe oder ,,Henne & Hahn!" von Aldi Nord und Aldi Süd. Das Fleisch der ,,Bruderhähne" gibt es aktuell vor allem noch im Biomarkt, es soll zarter sein als gewöhnliches Hühnerbrustfleisch und sogar die „ausgedienten" Hennen, also diejenigen, die keine Eier mehr legen, werden noch als Suppenhühner verkauft. Wer Eier mit diesen Kennzeichnungen kauft, hilft diese Entwicklung voranzubringen.

Eine andere Herangehensweise sind sogenannte ,,Zweitnutzungshühner". Bei diesem Ansatz werden Hennen und Hähne einer bestimmten Rasse aufgezogen. Die Hähne sind zwar kleiner und brauchen mehr Zeit, bis sie ausgewachsen sind, im Vergleich zu ihren Schwestern und geben deshalb auch weniger Fleisch. Die Hennen dagegen legen weniger und kleinere Eier als ihre Artgenossinnen aus Legehennenrassen, aber beide Geschlechter dürfen überleben und sowohl Eier als auch das Fleisch werden genutzt.

Franken zeigt Herz für männliche Küken

Auch in Franken haben sich verschiedene Höfe aktiv gegen das Töten von männlichen Küken entschieden. Hier werden die Hähne ebenso aufgezogen und beispielsweise als Suppeneinlage, Fond, Brat- und Grillhähnchen verwendet. Im Nürnberger Land gibt es zum Beispiel viele Biobauern die nach Bio-Standards von Demeter, Bioland und Co. vorgehen, bei denen keine Küken getötet werden. 

Aber auch in ganz Franken verteilt gibt es Höfe, wie bspw. in Unterfranken in Niederwerrn bei Schweinfurt oder in der Rhön und in den Haßbergen, in Oberfranken im Bamberger Umkreis, Kreis Kronach oder Coburg. Wer sich dazu entschließt, das Kükentötungsverbot zu unterstützen, finden im näheren Umkreis gewiss einen Bio-Hof, Direktvermarkter oder Angebote im Supermarkt, bei denen die männlichen Küken überleben können - auch ohne Schlupfloch Ausland.
Tamara Keller

EIN MODELL FÜR DIE ZUKUNFT?

Ein Problem an dieser Sache ist jedoch, dass es aktuell noch keinen richtigen Absatzmarkt für das Fleisch aus Bruderhahn-Initiativen gibt. Der andere Aspekt ist, dass die Mehrkosten dieser Initiative auf den Eierpreis aufgeschlagen werden und diese so im Supermarkt teurer sind als herkömmliche und deshalb weniger gekauft werden. Letzten Endes ist auch diese Entwicklung zu einem großen Teil eine Frage des Verbrauchers, ob man bereit ist, kleinere Eier und Hähnchen zu kaufen, mehr Geld zu investieren und Zweitnutzungsrassen- und Bruderhahn-Initiativen zu unterstützen, um diese Entwicklung mit voranzubringen.